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Wahlkampf 2017 (10)

Der unsichtbare Kandidat

 

Wie Bundestagsparteien das politische Machtmonopol selbst im Wahlkampf usurpieren, um Volkssouveränität zu verhindern

Foto: Wikimedia Commons, "Kornhus" in Bad Muender am Deister

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Kaum gehe ich aus dem Haus, da lacht mich schon ein erstes Konterfei eines Direktkandidaten einer Bundestagspartei strahlend an. Die Busfahrt in die Stadt Hameln von meinem derzeitigen Domizil aus beschert mir weitere, teils riesige Plakate aller Bundestagsparteien und ihrer Direktkandidaten. Sie scheinen mich schier anzuschreien: „Du Bürger, merke Dir meinen Namen, merke Dir meine Partei, damit Du Dein Kreuzlein am Wahltag richtig setzt!“

Soll sich im Unterbewusstsein des Bürgers festsetzen, dass nur Bundestagsparteien einen Platz im Parlament beanspruchen dürfen, dass nur sie fähig sind, die Geschicke der Bürgerinnen und Bürger während der nächsten vier Jahre durch unsichere politische Verhältnisse zu steuern? Jedenfalls erschlägt die allseits sichtbare Präsenz der Direktkandidaten der mit Millionen Steuergeldern gemästeten Bundestagsparteien den Bürger auf seinem Weg zur Arbeit, zum Einkauf und auf seinem Spaziergang. Er möge möglichst weder in Träumen noch Albträumen auf die Idee kommen, es gäbe neben diesen Parteien auch unabhängige Bürger-Kandidaten und Bürger-Parteien.

Im Lichte dieser sichtbaren All-Gegenwärtigkeit des Parteienstaates fühle ich mich unsichtbar als parteiloser Kandidat. Wie soll ich dem Wähler sichtbar werden, wie meine Botschaft von Bürger-Emanzipation gegenüber Bundestags-Parteien-Herrschaft verbreiten können?  

So haben sich die Verfasser des Grundgesetzes die deutsche Demokratie sicher nicht vorgestellt: durch und durch krank, von Demokratie kaum eine Spur, verkommen zu einem Parteienstaat, in dem sich der sogenannte mündige Bürger alle vier Jahre zur Bundestagswahl selbst entmündigt, wie auch jetzt wieder, 72 Jahre nach dem letzten großen Krieg und Beendigung des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte. Laut Grundgesetz sollte die deutsche Demokratie auf zwei Säulen gegründet sein: Auf freie Wahlen von politischen Parteien und Parteiunabhängigen sowie auf Volksabstimmungen. Dadurch sollte einer mündigen Bürgerschaft Souveränität und politische Freiheit verliehen werden, um ein Machtmonopol von Parteien in einem Parteienstaat zu verhindern und um Kontrolle über den Staat, in dessen Funktion als Diener der Bürgerschaft, ausüben zu können. Die Souveränitätsrolle des Bürgers sollte darüber hinaus durch die vierte Gewalt im Staate, die unabhängigen Medien, unterstützt werden.

Doch eine derartige Souveränität des Bürgers gibt es de facto nicht und unabhängige Medien als vierte Gewalt bleiben eine schöne Illusion. So müssen etwaige parteilose Bürger-Kandidaten und kleine Bürger-Parteien unsichtbar bleiben. Das Motto gilt: „Es lebe der Parteienstaat und die Herrschaft seiner Bundestagsparteien!“

Wie hat sich bisher für mich als parteiloser Bürger-Kandidat die heiße Phase des Wahlkampfes 2017 entwickelt? Bleibe ich für den Wähler unsichtbar? Sollte ich besser gleich vor der protzenden Bundestagsparteien-Macht die Segel streichen? Es ist, als ob ich die versteckte Drohung wahrnehme: „Du kleiner Bürger-Wicht, mach uns bloß keinen Strich durch unsere alle vier Jahre aufs Neue erfolgreiche Machtergreifung des Parlamentes! Wecke nicht den ängstlichen, ohnmächtigen, obrigkeitshörigen Bürger aus seiner satten Trägheit und fehlenden Zivilcourage! Er wird sich nie auf den Weg des Widerstandes gegen unsere Parteien-Herrschaft begeben. Vergiss das!“

Ende Juli, Anfang August, nachdem meine Kandidatur als parteiloser Direktkandidat auf der Liste der Piraten, die mir im Laufe des Unterstützer-Unterschriften-Sammelns beistanden, feststand, erfuhr ich von ersten Diskussions-Veranstaltungen mit Direktkandidaten der Bundestagsparteien. Bereits vor den Sommerferien gab es eine derartige Veranstaltung, einberufen von der Gleichstellungsbeauftragten des hiesigen Landkreises. Ich war nicht dazu eingeladen. Auf meinen Protest hin konnte ich dann doch an der öffentlichen Veranstaltung teilnehmen. Nun aber, in der beginnenden „heißen“ Phase des Wahlkampfes gab es offensichtlich einen Konsens aller Veranstalter von Direktkandidaten-Wahlforen, den einzigen parteilosen Bürger-Kandidaten mit dem Slogan „Bürger-Macht statt Parteien-Macht“, nämlich mich, von vornherein „unsichtbar“  zu machen und von jeglichen öffentlichen Auftritten auszuschließen. Das schien umso leichter zu sein, als ich lediglich auf eigene äußerst bescheidene Mittel angewiesen bin und an Plakatieren nicht zu denken ist. Meine Ausgrenzung von gemeinsamen Wahlforen mit den anderen Direktkandidaten wurde von den jeweiligen Veranstaltern generell damit begründet, ich sei ein Direktkandidat einer Partei, die eh nicht die Chance hat, die 5%-Hürde zum Bundestag zu überspringen. Auf meinen Einwand hin, was das denn für ein Demokratie-Verständnis sei, und dazu angesichts einer allgemeinen Politikmüdigkeit und Fehlens humanistischer Alternativen zu den Weiterso-Parteien und der AfD,  wurde mir regelmäßig geantwortet, aus technischen Gründen sei eine Teilnahme von mehr als sechs Teilnehmern, nämlich Direktkandidaten der derzeitigen Bundestags-Parteien sowie derjenigen der FDP und der AfD, leider nicht möglich. Eine solche Antwort schmerzt umso mehr, als diese Antwort auch von einem Bündnis unabhängiger Nichtregierungsorganisationen gegeben wurde, die sonst lauthals das Fehlen von Alternativen zu den Bundestags-Parteien beklagen. Ich kann das nur als vorauseilenden Gehorsam gegenüber den Bundestagsparteien erklären, die den seit 1949 errichteten Parteienstaat ein für alle Mal zementieren wollen, und die ein erdrückendes Obrigkeits-Gehorsams-Netz über die deutsche Zivilgesellschaft ausgeworfen haben, das nicht zerrissen werden darf. Inzwischen haben diese Organisationen auf mein Insistieren hin mir wenigstens die Möglichkeit eines kurzen Auftritts gewährt. Auch zu einer öffentlichen Dorf-Veranstaltung wurde ich eingeladen. Allerdings werden in der Berichterstattung nur einige weniger wichtige politische Ziele von mir erwähnt, nicht aber das grundlegende Ziel einer Abschaffung des deutschen Parteienstaates zugunsten einer bürgerbestimmten Republik.

Mein Einspruch gegen das Unsichtbar-machen meiner Direktkandidatur durch die lokale Presse hatte überraschenderweise einigen Erfolg. Es wurde mir Unparteilichkeit und Berichterstattung zugesichert. Selbst zum zentralen Schluss-Wahlforum mit den Direktkandidaten veranstaltet durch lokale Presse und Radio wurde mir Teilnahme zugesichert. Außerdem haben mich nach und nach alle Presseorgane im Wahlkreis zu Interviews eingeladen. Könnte es gelingen, in der Endphase des Wahlkampfes doch noch sichtbar für den Wähler zu werden?  Am Wahltag wird man mehr darüber wissen.       

Was habe ich gegen die Unsichtbarkeit meiner Bürger-Kandidatur getan? Anfang August wurde mein Wahl-Flyer mit Hilfe von Freunden erstellt. Zum 10. August veranstaltete ich eine erste Wahlveranstaltung im „Kornhus“ in Bad Münder. Leider war der Flyer erst eineinhalb Tage vorher verfügbar. 1.400 Flyer konnten bis zur Veranstaltung, an der knapp zwanzig Wählerinnen und Wähler teilnahmen, verteilt werden. Ein Journalist war anwesend und berichtete. Insgesamt war ich über die Resonanz einigermaßen enttäuscht, vor allem auch, da es mir schwierig scheint, ein Bürgerforum zu gründen, das nach der Wahl beginnt, der Bürger-Emanzipation mit konkreten politischen Forderungen Ausdruck zu verleihen.

Am 18. August sollte eine andere Wahlveranstaltung von mir in Hessisch Oldendorf stattfinden. An vier Tagen gelang es mir vorher, etwa 1.500 Flyer zu verteilen. Ergebnis: Totaler Reinfall. Außer Freunden kamen keine Wählerinnen und Wähler. Ob das dem regnerischen Wetter während des ganzen Tages zu verdanken war oder aber dem totalen Desinteresse des Bürgers in der Stadt sei dahingestellt. Die Reaktionen der Menschen, die ich auf der Straße während des Verteilens ansprach, waren insgesamt positiv. Man wünschte mir Erfolg, jedoch klang immer wieder das Ohnmachtsgefühl gegenüber dem Parteienstaat durch: „Gegen die da oben können Sie nichts machen. Die machen mit uns Bürgern, was sie wollen.“  Diese Mutlosigkeit des Bürgers zieht sich wie ein roter Faden durch alle Begegnungen mit Menschen während meines bisherigen Wahlkampfes.

Für den 25. August hatte ich eine Veranstaltung in Coppenbrügge geplant, die ich jedoch wegen der bisherigen dürftigen Resonanz der Wählerinnen und Wähler abgeblasen habe. Was bleibt mir bis zum Wahltag, um die Unsichtbarkeit meiner Kandidatur aufzuheben? Ich müsste meinen Flyer wenigstens in einer Stückzahl verteilen, dass etwa die Hälfte der Bevölkerung des Wahlkreises von mir überhaupt erführe. Das ist ein nahezu aussichtsloses Unterfangen. Ich habe einfach nicht die finanziellen Mittel, um das auf die Beine zu stellen. Großzügige Steuergelder und Spenden aus der Wirtschaft stehen mir als Bürger-Kandidat nicht zur Verfügung. Ich will sie auch nicht. Viele kleine Bürger-Spenden wären mir dagegen willkommen. Doch die würden vom Spender die Absicht voraussetzen, die Untertanen-Rolle gegen die Subjekt-Rolle einzutauschen. Bei der Wahl zum Bundestag bin ich als Person unwichtig, wichtig jedoch in der Rolle eines Hebels zur Bürger-Emanzipation. Mein vorgestelltes politisches Programm ist auch nicht als Angebot der Politik an den Bürger zu verstehen wie bei den Direktkandidaten der Bundestagsparteien, sondern soll Ausgangspunkt sein für die Diskussion über die bewusste Nachfrage des Bürgers nach der Art und Weise der Umstände und Perspektiven seines Lebens.

Die nächsten vier Wochen bis zur Wahl werden spannend werden. 

 

 

Wahlkampf 2017 (5)

Hat der Bürger eine Chance gegen BT-Parteien?

Wie macht ein parteiloser „Bürgerkandidat“ Wahlkampf, der nach 50 Jahren in seine Heimat zurückkehrt?

 

Foto: Wikimedia Commons, Weserbergland bei Hameln/Grohnde mit Atomkraftwerk (Wie "schön" doch das Wesertal sein kann!)

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Sonntagabend, Bad Münder: Ich komme aus der ev. luth. Kirche zurück. Es gab ein Benefiz-Konzert, um für das Gemeindehaus zu sammeln. Vier Spieler, eine Sängerin, Jazz und Latino-Musik. Mir hat’s gefallen. Ein fetziges brasilianisches Stück rief bei mir „saudades“ hervor, die typisch portugiesische Sehnsucht nach Heimatlichem. Und das in der nüchternen, spießbürgerlichen Kleinstadt Bad Münder mit seinen renovierten Fachwerkbauten und allenthalben Schmutz auf Straßen und Plätzen. Eine junge Erfurterin, die wie ich in derselben  kleinen Pension wohnte, hatte mich auf den Schmutz aufmerksam gemacht, der in Lateinamerika in vielfach gesteigerter Form einfach zum Straßen- und Landschaftsbild dazugehört. Ich kenne Erfurt nicht, wo es offensichtlich ordentlicher zugeht. Sind die „Ossis“ sauberer? Leider sind mir bisher die östlichen Bundesländer nur begrenzt untergekommen, obwohl ich sie doch gern kennen lernen würde. Aber das kann ja noch kommen. Mir war allerdings auch aufgefallen, dass meine alte Heimatstadt, die ich vor fünfzig Jahren wegen Bundeswehr und Studium und später Arbeit in peripheren Ländern verließ, weniger sauber als zu Kinder- und Jugendzeit aussah.

Nun gut, der Kirchenbesuch fand hauptsächlich deswegen statt, weil ich einmal den Ort meiner Kindergottesdienste, Konfirmation (Mein Gott, schon sechzig Jahre her!) und Weihnachtsspiele wiedersehen wollte. Dazu war das Konzert der geeignete Anlass. Und es gab einen weiteren Grund, die altehrwürde, protestantisch schmucklose Kirche wieder aufzusuchen: Ich wollte sehen, ob ich wenigstens ein bekanntes Gesicht unter den Besuchern, es waren wohl mehr als 100 Zuhörer anwesend, entdecken konnte. Aber nein, alle Anwesenden waren mir fremd.

Hätte ich als ein über fünfzig Jahre „verlorener Sohn“ der Stadt nach dem Konzert einfach das Mikrophon ergreifen sollen, um mich der versammelten Gemeinde vorzustellen und zu sagen: „Seht her, ich bin aus Sorge um das Mutter- und Vaterland aus der Ferne zurückgekehrt, um mich als Parteiloser um ein Bundestagsmandat zu bewerben.“ ?

Selbstverständlich hätte ich das nicht tun sollen, habe ich ja auch nicht. Aber eigentlich wäre das nur recht und billig gewesen. Warum? Dazu folgende Überlegungen:

1.  Die Gründe meiner Intention, mich als Bürger in die Politik einbringen zu wollen und aus der „ Dritten Welt“ zurückzukehren, habe ich bereits ausführlich in Folge 1 und 2 erwähnt. Hier aber zusammengefasst noch einmal: Die unerträgliche Verschärfung der europäischen Krise, verursacht durch deutsche Hegemonialpolitik; dazukommend das fürchterliche Verhältnis zu Russland und die erniedrigende deutsche US-Schoßhund-Rolle. Ausschlaggebend für mich jedoch: die seit siebzig Jahren von den BT-Parteien verhinderte Souveränitäts-Rolle des Bürgers im Staat und der jüngst aufgebrochene, offen artikulierte Fremdenhass einerseits und eine völlig verfehlte Flüchtlings- und Integrationspolitik andererseits.   

2. Nach fünfzig Jahren Abwesenheit kennt mich beinahe niemand in der Heimatstadt, geschweige denn in Hameln an der Weser, wo ich das Abitur machte, und im übrigen Wahlkreis. Auch bin ich von Anfang an völlig auf mich allein gestellt, um mich, wie man auf neudeutsch sagt, zu „vernetzen“. Trotz allem bestehe ich auf dem Recht, mich als Bürger in die derzeitige bedrohliche gesellschaftliche Situation einzumischen. Um meine Rückkehr vorzubereiten, schickte ich bereits Ende vergangenen Jahres meine politischen Vorstellungen an lokale Journalisten, jedoch ohne irgend ein Echo zu erhalten. Selbst meine Versuche zu Beginn März nach Ankunft im Weserbergland, die lokale Presse zu interessieren, erfuhren bislang „eisiges“ Schweigen. Die Kandidaten der etablierten Parteien, die ohne eigene politische Aussagen in die Wahlkampf-Arena steigen, lediglich mit dem Verdienst auf dem Buckel, altgediente Parteisoldaten zu sein, bekommen sofort Öffentlichkeit, wenn die BT-Parteien die Presse einbestellt. Der parteilose Kandidat, der einfache Bürger, wird von der „vierten“ Gewalt im Staate schlichtweg ignoriert. So funktioniert der Parteienstaat. Wir Bürger und Bürgerinnen wissen das ja schon seit „ewigen“ Tagen. BT-Parteien und Mainstream-Medien bilden eine unheilige Allianz, vor allem seit die Grünen im staatlichen Machtapparat fest verankert sind und über das Abschöpfen öffentlicher Pfründe ihre ursprünglichen Forderungen von Bürgerteilhabe und wahrer Demokratie im Mülleimer entsorgten.

3. Was bleiben mir dann an Möglichkeiten, mich als Person und meine Ideen von einer bürgerbestimmten Republik, im Gegensatz zum Parteienstaat, und von einer humanistischen Gesellschaft bekannt zu machen, und das alles mit äußerst begrenzten finanziellen Mitteln? In Lateinamerika, wo es allgemein keine Parteienfinanzierung gibt, können nur finanzkräftige Kandidaten auf erfolgreiche Kandidatur hoffen. In Deutschland sollte das eigentlich anders sein. Aber die BT-Parteien-Finanzierung durch öffentliche Kassen (und da ist Herr Schäuble durchaus nicht geizig) hat eine ähnliche Wirkung. Die Kandidaten dieser Parteien haben einen Riesenapparat im Rücken und zusätzlich die Mainstream-Medien kostenlos und treu an ihrer Seite. Und fristgerecht vor Wahlen werden billige Sprüche der BT-Parteien unters Volk gestreut, man wünschte sich mehr Bürgerbeteiligung. Welch‘ Hohn spricht aus diesen Worten! Ob der Bürger darauf reinfällt wie bei vergangenen Wahlen? Die hohen Zustimmungswerte zu den beiden großen Parteien scheinen das zu suggerieren. Und will denn der Bürger gar nicht Souverän im eigenen Staate sein? Genügt ihm das Dasein in der Hammelherde, wenn das Futter stimmt? Dann könnte die Volkssouveränität doch endgültig aus dem Grundgesetz gestrichen werden, nachdem sie seit 1949 für den Bürger sowieso eine Schimäre ist. Warum sagen die BT-Parteien das nicht ehrlicherweise?                                               Meine bescheidenen Möglichkeiten als parteiloser Direktkandidat sind zuerst einmal die Suche nach Gleichgesinnten im Wahlkreis und das direkte Gespräch mit so vielen Bürgerinnen und Bürgern wie möglich. Dazu in der nächsten Folge mehr.

4. Die zweite Möglichkeit der Überbringung von politischen Botschaften sind die sozialen Internet-Netze. Bisher war ich ein Laie in dieser Art der Kommunikation. Wer will sich schon wissentlich der Schnüffelei aussetzen, von wem auch immer veranlasst, die im Internet-Zeitalter wie eine gefräßige Spinne über das Land zieht und nach Beute Ausschau hält? Aber will ich wenigstens einige Menschen zur Abkehr von Obrigkeits-Gehorsam und für Zivilcourage sowie unabhängiges Denken ermutigen, dann muss ich in diesen sauren Apfel der sozialen Internet-Netze beißen, ob ich das nun will oder nicht. Das war mir auch von Beginn an klar. So entstand die Idee meiner persönlichen Website (hermann-gebauer.de) und der Weserbergland-Zeitung (wbl-online.net). Beide Seiten sind jetzt online und sind mit meinen accounts auf facebook und twitter vernetzt. Mein Gott, wie sauer schmeckt dieser Apfel! Aber es bleibt mir keine andere Wahl. Fazit: Wie ist doch Demokratie in Deutschland aus dem Ruder gekommen? Oder war sie seit jeher ein Wunschbild ?

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Für heute reicht’s. Tschüss bis zur nächsten Folge.

 

 

Weserbergland-Song

Wahlkampf (4)

 

Ein Wahlkampf kann auch zum Reimen anregen

 

Foto: Wikimedia Commons, Rattenfängerauszug in Hameln an der Weser

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Weserbergland-Song

 

Welch‘ Lied wirst du uns spielen, fremder Flötenmann?

Wohin wirst du Jugend führen im Weserberge-Land?

Sind wir dem Untergang geweiht,

weil Geiz und Macht die Welt regieren?

 

Refrain

So wie die Weser den Lauf zum Meere findet,

vorbei an Solling, Ith und Deister,

so findet der Bürger den Weg zur Freiheit,

lässt hinter sich die Herrschafts-Geister.

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Welch‘ Lied wirst du uns spielen, deutscher Parteienstaat?

Untertanengeist und Ohnmacht sind Früchte deiner Saat.

Ist Zukunft ewig fremdbestimmt,

weil Politik und Geld gebieten?

 

Refrain

So wie die Weser den Lauf zum Meere findet,

vorbei an Solling, Ith und Deister,

so findet der Bürger den Weg zur Freiheit,

lässt hinter sich die Herrschafts-Geister.

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Welch‘ Lied werden selbst wir spielen im Weserberge-Land?

Wir dulden nicht länger den fremden Flötenmann!

Blinder Gehorsam gegenüber Obrigkeit,

wird ab jetzt verbannt bis in alle Ewigkeit.

 

Refrain

So wie die Weser den Lauf zum Meere findet,

vorbei an Solling, Ith und Deister,

so findet der Bürger den Weg zur Freiheit,

lässt hinter sich die Herrschafts-Geister.

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Artikel 1  (14/03/2017)

 

Wahlkampf 2017 (3)

Auf was habe ich mich bloß eingelassen?

Die Wahlkampftour im Weserbergland beginnt mit vielen Zweifeln.

 

Foto: Wikimedia Commons, „Steinhof“, Verwaltungssitz der Stadt Bad Münder am Deister, wo ich am 8. März meine Bewerbung als unabhängiger Bürgerkandidat einreichte

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Dritte Folge

meiner Wahlberichterstattung, die mit Wahlkampf 2017 (1) und (2) begann (siehe Bürgerkandidaten-Profil).

 

 „Was können wir schon gegen die ‚da oben‘ machen?“ meinte der alte Mann auf meine Frage, ob er jemals an irgendeinem Gesetz mitgewirkt hätte, oder ob ihn wenigstens einmal jemand um seine Meinung zu einem Gesetzentwurf befragt hätte. Er sei doch auch Teil des Souveräns im Staate.

Seine Ohnmacht gegenüber der Obrigkeit wirkte noch resignierter durch seinen hilflosen Blick auf seine Tasse Kaffee in der Rewe-Frühstücksecke. Er, wie auch sein etwa gleichaltriger Tischnachbar, brauchten ihre Zeit, um mich offen anzuschauen. Beide Alten waren Rentner, der eine deutlich im Niedriglohnsektor, unter der Armutsgrenze von 1.100 Euro pro Monat, der andere gerade darüber liegend.

Die Rentner machten mich betroffen. Aber um Himmels-Willen durfte ich mir nichts anmerken lassen. Ich musste unwillkürlich an die vielen Armen in den Ländern der Peripherie denken, in denen ich gearbeitet habe. In Afrika, in Lateinamerika, selbst auf dem Balkan waren Arme überwiegend rebellisch gegenüber Obrigkeiten, denen sie ihre Misere verdankten und wirkten mir gegenüber nie derart resignierend, es sei denn, sie befanden sich im Bürgerkrieg. Was mir sogleich in den Kopf kam, war die Vermutung: „Diese Beiden sind die typische schweigende Wählerschaft der AfD, nicht die aufbegehrende, die sich in der PEGIDA-Bewegung lautstark zu Wort meldet.“

Was mich beinahe gänzlich aus der Fassung brachte, war die Antwort des Besserverdienenden auf meine Frage, ob das Rentenniveau der armen Rentenbezieher nicht wenigstens auf die Höhe eines Grundeinkommen von 1.100 Euro pro Monat angehoben werden müsste. Daraufhin kam dann doch eine einigermaßen kämpferische und stolze Antwort: „Wer in seinem Arbeitsleben wie ich 45 Jahre geschuftet hat, der kommt im Alter auch irgendwie zurecht.“

Diese kleine Begebenheit trug sich unmittelbar nach meiner Ankunft in meiner alten Heimatstadt Bad Münder zu, in der ich meinen Wahlkampf als unabhängiger Direktkandidat  unter dem Motto: „Vom Parteienstaat zur Bürgerrepublik“ beginnen wollte. Inzwischen sind fast zwei Wochen vergangen. Die Wohnsitzanmeldung nach 40 Jahren Auslandstätigkeit musste bekräftigt werden, der Kreiswahlleiter übermittelte die Formulare zur Direktkandidatur, und ich reichte meine offizielle Bewerbung in der Stadtverwaltung ein. Meine persönliche Website (hermann-gebauer.de), meine facebook- und twitter-Seiten wurden für den Wahlkampf aktualisiert und eine Online-Weserbergland-Zeitung (wbl-online.net), in der Bürgerinnen und Bürger kostenlos lesen, schreiben und kommentieren können, wird ebenfalls in Kürze eröffnet. Gottseidank bin ich nicht der einzige unabhängige Direktkandidat.  Es werden sich in mehr als 250 Wahlkreisen parteilose Direktkandidaten unter der Bezeichnung: „BÜRGERKANDIDATEN – für Gemeinwohl und Volksentscheid“ um ein Mandat für den kommenden Bundestag bewerben. 

Doch was nützt all die Arbeit an Programmerstellung und administrativen Voraussetzungen zur BT-Kandidatur, wenn Unabhängige, die die Bürger-Macht und Direkte Demokratie anstreben, von der geballten BT-Parteien-Macht erdrückt werden? Das beginnt mit finanziellen Wahlkampf-Mitteln, das geht über das Tot-Schweigen vonseiten der Mainstream-Medien, ganz besonders auch auf lokaler Ebene, das führt über die gefühlte Ohnmacht nicht nur des Niedriglohnsektors sondern auch, und das betrübt mich am meisten, des betuchten Mittelstandes, der betreten schweigt, wenn die Frage aufkommt: „Was habt Ihr in den 60er und 70er Jahren für eine bessere und humane und friedvolle BRD gekämpft? Und was ist aus der Bürger-Freiheit geworden? Ist sie dem schnöden Mammon und klebrigem Parteien-Filz geopfert?“  

Ehemalige Schulkameraden und Studienkollegen schweigen. Betreten? Schuldbewusst? Wissend, dass sie größtenteils ihren Lebensstandard der neokolonialen Ausbeutung der Peripherie zu verdanken haben? Oder ganz einfach die Meinung haben: „Der Hermann ist ein sozial-romantischer Spinner?“

Nur wenige Freunde bekennen sich offen dazu, für Volkssouveränität, Bürger-Macht, Humanismus und Direkte Demokratie einzutreten. 500 Jahre nach der Reformation, 250 Jahre nach der Aufklärung, 70 Jahre nach Verkündung der universalen Menschenrechte und Beginn des Prozesses weltweiter Frauen-Emanzipation steht der Prozess weltweiter Bürger-Emanzipation in den Sternen. Sollte nicht wenigstens in 2017 dazu ein Anfang gemacht werden? In stolzen deutschen Landen klopfen sich die BT-Parteien anerkennend gegenseitig auf die Schultern, wie sie doch die Bürgerinnen und Bürger geschickt von deren Souveräns-Rolle ausgrenzen um des Erhalts ihrer selbstsüchtigen politischen Macht willen. Wie viele saftige Stellen gibt es doch im Staatsapparat nach jeder Wahl zu verteilen?

Welche Insekten haben mich da gestochen, dass ich mich in meinem Alter aufmache, im deutschen Parteienstaat herumzustochern, um für Bürger-Freiheit, Humanismus und Soziale Gerechtigkeit, Weltoffenheit, Pazifismus und Erhalt der natürlichen Lebensbedingungen zu streiten? Wie auch immer mein Wahlkampf ausgehen wird, allein die Ohnmacht vieler Menschen gegenüber der Obrigkeit, allein die Wohlbefindlichkeit einer Weiterso-Mittelschicht, die sich selbstverständlich das Recht auf satten Konsum auf Kosten der Habenichtse der Welt herausnimmt, bestärken mich, den Wahlkampf zu führen. Auch wenn er endet, wie ein jetzt durch Schulz übermütig gewordener SPD-Genosse meint: „Wenn Du mehr als 7% der Stimmen bekommen solltest, gebe ich Dir einen chilenischen Wein aus. Im umgekehrten Fall wirst Du blechen, und das ist jetzt schon gewiss.“  Sei’s drum.

 

Zu gegebener Zeit kommt die nächste Folge.

 

 

Artikel 2  (29/12/2016)

 

Aufruf zur Bundestagswahl 2017

Programm-Vorschlag für Hameln-Pyrmont/Holzminden

Unabhängiger Bürgerkandidat HERMANN GEBAUER

 

Foto: Wikimedia Commons, Schloss Hämelschenburg (Weserrenaissance) bei Emmerthal/Hameln

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Liebe Wählerinnen und Wähler des Wahlkreises 47 Hameln-Pyrmont/Holzminden,

zu Beginn ein grundsätzliches Wort zu meiner Kandidatur: Ich kandidiere als unabhängiger Direktkandidat im Rahmen einer deutschlandweiten Direktkandidaten-Initiative. Das gemeinsame Ziel aller Direktkandidaten zur Bundestagswahl 2017 ist die Abschaffung des politischen Machtmonopols der etablierten Parteien zugunsten einer direkten Demokratie, die den mündigen Bürger zum Souverän im Staate zu machen beansprucht. So sieht es das Grundgesetz, Artikel 20, vor („Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, durch Wahlen und Abstimmungen). Seit Gründung der Bundesrepublik im Jahre 1949 verweigern die Bundestagsparteien den Bürgern bewusst die direkte Ausübung des Bürgerwillens durch Abstimmungen. Damit soll nun endgültig Schluss sein. Die derzeitige Krisensituation, in der Deutschland und Europa stecken, haben mich und andere Gleichgesinnte veranlasst, diese unabhängige, überparteiliche Initiative zu ergreifen, die mit Ihrer aktiven Unterstützung das Ziel der direkten Demokratie im Staat zum Wohle aller Menschen verfolgt. Wir Kandidaten werden im kommenden Bundestag die Überbringer Ihrer politischen Forderungen sein. Die Stimme für mich und die anderen Kandidaten ist in Wahrheit eine Stimme für die Wählerinnen und Wähler selbst. Wir Direktkandidaten kämpfen nicht um persönliche oder Parteiinteressen. Uns geht es um die Interessen und Lebensumstände aller Menschen im Land.

Zuerst möchte ich mich über diesen Wahlaufruf kurz vorstellen. Während des Wahlkampfes in möglichst allen Gemeinden des Wahlkreises hoffe ich dann darauf, die meisten von Ihnen persönlich kennenzulernen und mit Ihnen über meinen Programm-Vorschlag zu diskutieren.

Ich bin 1943 in Bad Münder am Deister geboren, habe in Hameln am Schiller-Gymnasium mein Abitur gemacht, war Leutnant der Reserve bei den Fallschirmjägern, habe in Heidelberg und Münster Wirtschaft und Soziologie studiert (Dipl.-Volkswirt) und bin 1976 erstmalig als Entwicklungsberater nach Afrika gegangen. Bis heute habe ich in verschiedenen Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Balkan auf den Gebieten Friedens- und Flüchtlingspolitik, Armutsbekämpfung und Nachhaltige Menschliche Entwicklung gearbeitet. 2011 begann ich mit schriftstellerischer Tätigkeit, Prosa, Lyrik, politische Essays. In der Absicht wieder in meine alte Heimat zurückzukehren, habe ich bereits vor drei Jahren versucht, mich im Weserbergland mit meinen Erfahrungen aus nahezu 40jähriger Auslandstätigkeit einzubringen. Ich legte zwei Projektvorschläge vor, einen zur Gründung eines Europäischen Ausbildungszentrum für Jugendliche aus ganz Europa und einen anderen Vorschlag zur gemeinsamen Ausbildung von jungen Deutschen aus sozial benachteiligten Familien und jungen Flüchtlingen. Der erste Vorschlag wurde von der Kreisverwaltung Hameln-Pyrmont abgelehnt, der zweite von der Arbeitsagentur in Hameln.  (Meinen ausführlichen Werdegang können Sie auf meiner Website einsehen: …). Meine Erfahrung: Als Unabhängiger hat man keine Chancen, sich zum Wohl der Gemeinschaft einzubringen. Schon als junger Mensch habe ich erfahren müssen: Entweder man versucht sich als Parteisoldat zeitlebens hochzudienen oder, wenn nicht, wird man rigoros ausgegrenzt. 

Obwohl ich längst im Rentenalter bin und einen ruhigen Lebensabend verbringen könnte, werde ich das aus gutem Grund nicht tun, wenn Sie als Wählerinnen und Wähler mich dabei unterstützen.

Weshalb stelle ich mich als unabhängiger Direktkandidat zur Wahl?

Eingangs habe ich bereits einen wesentlichen Bewegungsgrund für meine Kandidatur erwähnt, nämlich den Kampf um die direkte Demokratie, d. h. um die direkte Einmischung des mündigen Bürgers in die Politik. Der Bürger hat das Recht über seine ureigenen Lebensumstände mitzubestimmen. Niemand darf ihm dieses Recht absprechen. Zusammen mit Ihnen, liebe Bürgerinnen und Bürger, hoffe ich, dass wir Jahr für Jahr gemeinsam diskutierte und abgestimmte Gesetzesinitiativen, die dem Wählerwillen entsprechen, ins Parlament tragen. Mein hier vorgestellter Programm-Vorschlag, der auch eine Stück für Stück zu realisierende Entwicklungs-Vision für das Weserbergland wie den Bund darstellt, soll dabei als Diskussionsgrundlage dienen, um gemeinschaftlich das endgültige Programm zu formulieren und zukünftige Gesetzesinitiativen zu priorisieren. Politik in Deutschland muss nach mehr als 70 Jahren endlich aus der Mitte der Gesellschaft kommen und darf nicht länger Ausdruck der Partikularinteressen von politischen und wirtschaftlichen Eliten sein. Nie war die politische Situation unseres Landes und der EU nach dem Zweiten Weltkrieg so krisenhaft zugespitzt wie gegenwärtig. Das haben wir dem Politikmonopol von wenigen Bundestagsparteien und den von diesen Parteien gestellten Regierungen zu verdanken, die Politik abgehoben von der Gesellschaft und ohne deren direkte Beteiligung machen. Die Wahlen im vierjährigen Rhythmus haben mit Demokratie als Ausdruck des Bürgerwillens herzlich wenig zu tun. Deshalb möchte ich Sie aufrufen:

Machen wir uns gemeinsam auf den Weg, Souverän im Staate zu werden, wie es das Grundgesetz vorsieht!

Neben der Notwendigkeit, den Bürgerwillen in die Politik einzubringen, hat mich ein anderer Grund zur Kandidatur bewogen. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich bin enttäuscht, wie sich die Weserbergland-Region in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Auf meinen jährlichen Reisen in meine alte Heimat wurde mir klar, dass Politik und Entwicklung in dieser schönen Region alles andere als vorwärtsgerichtet ist. Der Niedriglohnsektor wird wie in Deutschland insgesamt auch im Weserbergland immer grösser und die riesige Schere zwischen Arm und Reich gerät zur Schande einer Politik, die nur noch einseitig das Wohlergehen der Eliten im Blick hat. Die Bevölkerungszahlen verringern sich, junge Menschen wandern aus der Region ab, da sie für sich keine Zukunft in der Heimat sehen. Die Landwirtschaft ist immer mehr an subventionierten Monokulturen ausgerichtet, Handwerk und Industrie gehen zurück, und vormals aus einheimischen Rohstoffen gefertigte Produkte werden durch billige von außen importierte Massenware ersetzt. Universitäre und Forschungs-Einrichtungen, die für jede Region ein unersetzlicher Entwicklungsfaktor sind, gibt es nur im Ansatz. Der Schul- und Ausbildungsbereich produziert ebenfalls unterdurchschnittliche Abgänger-Zahlen. Der Gesundheitsbereich zeichnet sich durch Schrumpfung aus. Die Erhaltung und Erweiterung von öffentlichen Einrichtungen wird wegen knapper öffentlicher Finanzen vernachlässigt. Einziger Lichtblick ist der privat organisierte Tourismus und die von Bürger-Vereinigungen hochgehaltenen Traditionen. Selbstverständlich geht am Weserbergland die zunehmende Globalisierung nicht spurlos vorüber. Auch der Trend der Abwanderung in Ballungszentren findet weltweit statt. Trotzdem darf das nicht als Ausrede für mangelnde Entwicklung gelten. Ich meine, dass durch das direkte Engagement der Bürger im Weserbergland nicht nur eine Zukunftsvision für die Region erarbeitet, sondern diese auch mit Phantasie und Kreativität tatkräftig in Richtung auf eine lebenswerte Modell-Region umgesetzt werden kann. Es geht um die Zukunft der Kinder und Enkelkinder in der Heimatregion, und diese Zukunft können wir Bürger gemeinsam bauen, wenn wir das wirklich wollen und Initiative ergreifen. Aus Verantwortung für derzeitige und für zukünftige Generationen können wir uns ein Weiterso nicht länger leisten.       

Die beiden Leitmotive meiner Kandidatur sind:

Bürger gestalten das Weserbergland als Modell-Region!    Und

Vom Parteienstaat zur Bürgerrepublik!

Liebe Wählerinnen und Wähler, ich möchte Ihnen nun die meiner Ansicht nach wichtigsten politischen Probleme auf Bundesebene wie auf Ebene der Weserbergland-Region vorstellen und Ihnen mögliche Lösungen stichwortartig vorschlagen, die wir dann zusammen diskutieren sollten. (Einen detaillierten Programm-Vorschlag von mir können Sie auf meiner Website … einsehen) Wenn wir als Bürger dieser Region die im Konsens gefundenen Lösungen tatkräftig anstreben, kann uns niemand an ihrer Verwirklichung hindern, um unsere Region zu einer Modell-Region zu gestalten. Sollten uns dabei die etablierten Parteien Steine in den Weg legen wollen, was wahrscheinlich ist, werden sie schließlich erkennen müssen, dass sie gegen den festen Bürgerwillen nur verlieren werden. Unser Vorsatz wird sein:

Gemeinsam werden wir die Stunde des mündigen Bürgers einläuten! Unser Programm-Vorschlag für den Wahlkreis Hameln-Pyrmont/Holzminden wird der Folgende sein:

Problembereich 1:

Die Grundvoraussetzungen für eine lebenswerte und würdige Zukunft in Deutschland und im Weserbergland sind trotz bestehendem nationalen Reichtums in Gefahr. Regierung und Bundestagsparteien reden die Wirklichkeit aus Selbsterhaltungsgründen schön. Ihnen geht es nur noch um eigenen Machterhalt. Doch längst hat der Bürger erkannt: Diese Wirklichkeit  heißt Armut für immer mehr Menschen und Konzentration des Reichtums in Händen von Wenigen. Dazwischen gibt es eine Mittelschicht, deren Abgleiten in die Armut nur eine Frage der Zeit ist. Machen wir uns nichts vor: Die Tage eines prosperierenden Deutschlands und einer attraktiven Weserbergland-Heimat sind angesichts eines gnadenlosen Wettbewerbs mit den ärmsten Gesellschaften der Welt gezählt. Wird dieser Wettbewerb nicht von uns Bürgern selbst auf humanistischer Grundlage ausgefochten, dann wird das Land und die Region keine Zukunft haben.   

Lösungsvorschlag:

Wir müssen ein humanistisches statt kapitalistisches Gemeinwesen für alle Bürger anstreben, um gerechte materielle und immaterielle Lebensbedingungen herzustellen und aufrecht zu erhalten. Der freie Bürger soll künftig im Mittelpunkt einer Bürgerrepublik stehen statt politischer Parteien und die von ihnen verteidigte Waren- und Finanzwelt in Händen von Wenigen. Unsere politischen Forderungen im neuen Bundestag werden die folgenden sein:

a) Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) von 1.100 Euro/Monat für alle erwachsenen deutschen Staatsbürger, für Kinder und Jugendliche die Hälfte dieses Betrages. Das sind gegenwärtig die Armutsgrenzen in Deutschland. Der Wahlkreis Hameln-Pyrmont/Holzminden sollte eine erste Modellregion für die Einführung des BGE sein. Motto: Immer weiter sich ausbreitende Armut und damit verbundene Existenzängste darf es in einem reichen Land wie Deutschland nicht geben. Geld steht genug zur Verfügung. Es muss nur richtig verteilt werden. Mit dem BGE werden die unterschiedlichen Sozialleistungen ersetzt und in einer einzigen Zahlung gebündelt. Damit wird den Armut schaffenden Folgen der Agenda 2010 ein für alle Mal der Garaus bereitet! Und keine Angst, Deutschland würde eine Republik für Faulpelze werden. Ganz im Gegenteil: Das BGE wird ein angstfreies Leben ermöglichen und damit den Ansporn geben, über dieses gesicherte Einkommen hinaus selbstbestimmte Aktivitäten zu ergreifen, die zusätzliche Einkommen sowie auch unbezahlte schöpferische Tätigkeiten ermöglichen.    

b) Einstieg in die Solidar-Wirtschaft durch einen gesonderten Fonds als Alternative zur kapitalistischen Wirtschaft. Dieser Fonds soll ebenfalls im Wahlkreis modellhaft eingeführt werden. Der Fonds kann durch lokale Volksbanken und Sparkassen verwaltet und von Bürger-Komites überwacht werden. Er soll allen Bürgern mit innovativen Geschäftsideen die Aufnahme von zinslosen und im Bedarfsfall „verlorenen“ Krediten ermöglichen, um bspw. gemeinnützige, nachhaltige, lokale Ressourcen ausnutzende oder Forschungs- und künstlerische Vorhaben durchzuführen, die auf dem Prinzip der selbstbestimmten und solidarischen Arbeitsweise beruhen. Damit sollen individuelle, familiäre, gemeinwirtschaftliche Initiativen unterstützt werden, die Arbeitsplätze erhalten und vor allem neue in der Region schaffen. Initiativen von Langzeitarbeitslosen, Jugendlichen ohne Arbeit, von Forschern, von Künstlern sowie von gemeinnützigen Vereinigungen, die Integrations- und Friedensprojekte betreiben wollen, werden im Vordergrund stehen. Dem Menschenrecht auf würdige und selbstbestimmte Arbeit für alle Menschen, wie in der Charta der Vereinten Nationen vorgesehen und von Deutschland anerkannt, muss endlich stattgegeben werden. Die Solidar-Wirtschaft wird sich anfangs auf lokaler Ebene in Nischen des Kapitalismus entwickeln und die Wertschöpfung im Weserbergland durch lokale Produktion nützlicher Güter und Dienstleistungen erhöhen.

Die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens und der Solidar-Wirtschaft in der Modell-Region Weserbergland sind die zwei Grundpfeiler für eine humanistische und nachhaltige Entwicklung.

Diese wird ergänzt durch die folgenden politischen Maßnahmen, deren erste Mosaiksteine in der kommenden Legislaturperiode gemäß der Priorisierung der Bürger gelegt werden:

c) Gezielte Förderung von Erziehung, Ausbildung, Forschung, Kunst: Der größte Reichtum eines Landes, einer Region, einer Gemeinde besteht aus seinen im Denken und Handeln unabhängigen Bürgern („Humankapital“). Von ihnen hängt die Zukunft der Gesellschaft ab. Außerdem ist unentgeltliche Zurverfügungstellung von Bildung und Berufs-Ausbildung für alle Bürgerinnen und Bürger (mit und ohne Migrationshintergrund) einerseits ein Grundrecht und ihre Nutzung andererseits eine Grundpflicht. Deshalb wird auch im Weserbergland die Priorität der Entwicklung in den angegebenen Bereichen liegen. Wie sollte diese Entwicklung aussehen?

Zuerst ist es unumgänglich, dass in allen größeren Gemeinden Kinder in exzellenten Grundschulen unterrichtet werden, um die nötigen Voraussetzungen zum Gymnasialbesuch zu erlangen. Der Gymnasialbesuch seinerseits darf nicht nur den Mittelzentren wie Hameln, Pyrmont und Holzminden vorbehalten sein, sondern muss ebenso in kleineren Zentren wie Bad Münder, Hess. Oldendorf, Bodenwerder und anderen möglich sein. Im Primar- (Grundschule) wie im Sekundarschulbereich (Gymnasium) soll neben den üblichen akademischen Fächern ein obligatorischer Ethikunterricht stattfinden. Eine humanistische und solidarische Gesellschaft fußt auf geteilten Werten, die von Kindesbeinen an die menschlichen Qualitäten und Fähigkeiten fördern. Neben der Erhöhung der Abgängerquoten von Gymnasien ist die qualifizierte Berufsausbildung in Verbindung mit der privaten Wirtschaft zu stärken. Berufsausbildung muss darüber hinaus an Schulen mit angeschlossenen Werkstätten angeboten werden, vor allem in den Bereichen, die von der Wirtschaft nur unzureichend angeboten werden. Grundsätzlich ist Berufsausbildung dezentral zu organisieren. Die Landkreise Hameln-Pyrmont und Holzminden werden aufgerufen, die berufliche Ausbildung auch in Unterzentren anzubieten, um die Attraktivität dieser Zentren zu stärken. Eine dezentral angebotene Berufsausbildung im Wahlkreis sollte auch Jugendlichen aus dem übrigen Deutschland sowie anderen europäischen Ländern und jungen Flüchtlingen offen stehen. Die gemeinsame Ausbildung von jungen Europäern und Flüchtlingen in einem dezentralisierten Europäischen Berufs-Ausbildungsprogramm Weserbergland wirkt nicht nur friedensfördernd und ist der Stärkung des europäischen Gedankens förderlich, sondern sie erhöht gleichzeitig das Facharbeiterangebot und stärkt somit die Wirtschaftskraft der Modell-Region. Schließlich gilt es, das Weserbergland in eine Modell-Hochschul- und Forschungsregion zu wandeln mit einer dezentral organisierten Internationalen Friedensuniversität Weserbergland mit Fakultäten in Hameln (Gesellschafts- und Sozialwissenschaften, Bildende Künste und Tourismus), Pyrmont (Gesundheit, Medizin) und Holzminden (Technik, Naturwissenschaften). Dazu könnte Schaumburg (Rinteln/Bückeburg) mit Agrar- und Lebensmittelwissenschaft kommen. Es geht darum, angehende Studenten in der Region zu binden und auszubilden, und das im Zusammenhang mit Studenten, die aus der ganzen Welt kommen und mit denen gemeinsam die Lebensgrundlagen für eine zukünftige friedliche Welt diskutiert, erforscht und erarbeitet werden. Hameln-Pyrmont und Holzminden allein haben ein Potential von mindestens 20.000 Studenten. Eine Internationale Friedensuniversität Weserbergland sollte mittelfristig eine Kapazität von 30.000 Studenten erreichen. Wie eingangs betont sind die Bürger des Weserberglandes aufgerufen, bereits die kommende Legislaturperiode zu nutzen, um die Priorisierung, Planung und Durchführung von ersten Maßnahmen im Bildungs- und Forschungsbereich in Angriff zu nehmen. Dabei sind die Verwaltungsebenen von Kreis, Land, Bund und EU sowie der Private Sektor zu mobilisieren und für die Ziele zu gewinnen. Patenschaften für das Europäische Berufs-Ausbildungsprogramm Weserbergland und die Internationale Friedensuniversität Weserbergland könnten EU und UN übernehmen sowie namhafte Stiftungen.      

d) Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsversorgung: Wie Bildung und Ausbildung so darf auch Gesundheit als Voraussetzung für erfülltes Leben aller Bürger keine Frage des Geldbeutels sein. Merkels und Schäubles Politik der „Schwarzen Haushalts-Null“ hat nicht nur in südeuropäischen Ländern für drastische Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitssektor gesorgt mit den entsprechenden verheerenden Folgen für die Menschen in diesen Ländern, nein, auch in Deutschland und im Weserbergland ist es offizielle Politik, die öffentlichen sozialen Leistungen durch private Vorsorge nicht nur zu ergänzen sondern auch zu ersetzen. Für die Habenden in der Gesellschaft ist das kein Problem, wohl aber für den wachsenden Niedriglohnsektor, der bereits jetzt eine um etwa zehn Jahre verkürzte Lebenserwartung aufweist. Diesem Skandal, der von Regierung und Bundestagsparteien geflissentlich unterm Tisch gehalten wird, muss ein neuer Bundestag durch massive Aufstockung des Gesundheitsetats ein sofortiges Ende bereiten: Schluss mit dem „Krankenhaus-Sterbens“ und den Personalkürzungen im öffentlichen Gesundheitssektor.   

e) Infrastruktur, Transport und Verkehr: Nicht nur auf Bundes- und Landesebene, auch auf der Ebene der Regionen und Kreise hat die „Schwarze Null-Politik“ in den letzten Jahrzehnten eine sträfliche Auszehrung öffentlicher Finanzen nach sich gezogen und für einen starken Rückgang der Nettoinvestitionen und der Minderung des Kapitalstocks bis hinein in die Gemeinden geführt. Eine bessere Finanzausstattung der Gemeinden zugunsten öffentlicher Infrastrukturen im Wahlkreis bedeutet eine Einkommensumverteilung zugunsten sozial benachteiligter Schichten und bewirkt gleichzeitig eine Minderung der Arbeitslosigkeit und trägt zur Erhöhung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) bei. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, wie parallel zur Nord-Süd-Schifffahrt auf der Weser auch eine umweltschonende Nord-Süd-Achse für den öffentlichen Personen- und Güterverkehr hergestellt wird, entweder als O-Bus mit eigener Spur oder auf einem elektrisch betriebenen Schienenweg, der langfristig Bremerhaven, Bremen, Minden, Hameln, Holzminden, Höxter und Hann. Münden mit Kassel verbindet. Eine solche Verbindung würde neben einem Rhein- und Donau-Schienenweg im Wesertal eine weitere attraktive Schienenverbindung herstellen und die Weserberglandregion in eine beispielhafte Zukunft mit Forschung, Bildung, Tourismus und Nutzung örtlicher Rohstoffe befördern. Grundsätzlich sollte der elektrisch betriebene Öffentliche Verkehr in Zukunft die Anschaffung eines privaten Kraftfahrzeuges entbehrlich machen.        

Problembereich 2:

Die deutsche Demokratie ist „krank“. Die Staatsgewalt geht von Bundestagsparteien (Parteienstaat) und nicht vom Bürger aus, wie im Grundgesetz festgeschrieben (Bürgerrepublik).

Lösungsvorschlag:

a) Einführung von Volksabstimmungen zu wichtigen Fragen der Lebensumstände der Bürger.                                                                                                                                       b) Gesetzesinitiativen aus der Mitte der Gesellschaft, die über unabhängige Abgeordnete in den Bundestag eingebracht werden, sind dort zu verhandeln.                                                   c) Abschaffung der öffentlichen Zuschüsse an parteinahe Stiftungen (derzeit 500 Mio. Euro pro Jahr), mit denen die Bundestagsparteien ihre politische Monopolmacht absichern.           d) Mindestens 90% aller staatlichen hohen Beamtenposten (geschätzte 20.000 Stellen im In- und Ausland) müssen an parteiunabhängige Bewerber vergeben werden. Motto: Bundestagsparteien sind nicht Besitzer des Staates, der Diener der Gesamtgesellschaft ist. Ombuds-Frauen und –Männer müssen über die Unabhängigkeit des Staatsapparates wachen. e) Auch auf der Ebene von Gemeinden, Kreisen und Ländern müssen mindestens 90% der Stellen im höheren Dienst an Parteiunabhängige vergeben werden.                                                           f) Auf Gemeindeebene sollten unabhängige Bürger-Komitees die soziale Kontrolle über die lokale Verwaltung und Gemeinderäte ausüben. Diese Komitees in Form von eingetragenen Vereinen wären auch zusammen mit der Gemeindeverwaltung dafür verantwortlich, Diskriminierungen auf lokaler Ebene zu verhindern und eine harmonische Integration ausgegrenzter Gruppen sicherzustellen.                                                                                     

Problembereich 3:

Die von der deutschen Regierung seit Sommer 2015 verfolgte Flüchtlings- und Integrations-Politik hat eine tiefe Krise in Deutschland und Europa heraufbeschworen. Bundeskanzlerin Merkels naive und diktatorische Entscheidung des „Wir schaffen das“ mit der Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge vor allem aus dem Nahen Osten, ohne vorherige öffentliche Diskussion, hat zu einer offen ausgebrochenen Fremdenfeindlichkeit geführt, wie sie das Land seit dem Zweiten Weltkrieg nicht kannte. Deutschland beeilt sich mit Riesenschritten, den einst nur unterschwellig vorhandenen Nationalismus und die Fremdenfeindlichkeit wieder hoffähig zu machen und ein weltoffenes und tolerantes Land, das Menschenrechte achtet, insbesondere das Recht auf Asyl vor Not und Verfolgung, in ein abgeschottetes Land zu verwandeln. Wie konnte das geschehen? Was ist angesichts eines Erstarken von Hass und Feindschaft, die zunehmend zu gewalttätigen innerdeutschen Auseinandersetzungen gegen Andersdenkende führen, zu tun?    

Lösungsvorschlag:

Soll Deutschland weiterhin ein weltoffenes Land sein, das universale Menschenrechte achtet, dann muss der Grundsatz für eine derart ausgerichtete Politik lauten: Weltoffenheit, die kulturelle Diversität unter Menschen schützt und diese für ein friedvolles Einvernehmen und Fortentwicklung der Menschheit nutzt, findet für Einheimische wie Zugewanderte ihre Grenze dort, wo religiöser und weltanschaulicher Fundamentalismus universale Menschenrechte leugnet und Nationalismus, Fremdenhass, Superioritätsdenken und Diskriminierung des Fremden propagiert.

Das Dilemma der gegenwärtigen Flüchtlings- und Integrations-Politik begann bereits seit der massenhaften Einwanderung von ausländischen Arbeitskräften in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Deutschland hat den Einwanderer, den Flüchtling und Asylanten stets als nützliche Arbeitskraft verstanden, um demographische und ökonomische innere Probleme zu lösen nach dem Leitsatz: Zuwanderung muss Profit für die deutsche Wirtschaft und die deutschen Sozialsysteme bringen, das bedeutet: Zuwanderung in den Arbeitsmarkt ja, nicht jedoch in eine integrierte Gesamtgesellschaft. Das hatte im Laufe der Jahrzehnte schlimme Folgen in der Herausbildung von Parallelgesellschaften, die sich gegenseitig fremd geblieben sind, und die seit der massenhaften Einwanderung von Flüchtlingen ein gesellschaftlich tief gespaltenes Land erzeugten, das an seinen inneren Gegensätzen zu zerbrechen droht.

Was ist schief gelaufen und wie muss Flüchtlings- und Integrations-Politik grundlegend geändert werden?

1.) Deutschland hat seit dem Zweiten Weltkrieg bis heute versäumt, eine über die Menschenrechte hinausgehende Werte-Charta zu diskutieren und ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. In was sollen denn Ausländer, die zu uns kommen, aber auch die Deutschen selbst „integriert“ werden? Ist es die schön geredete deutsche „Soziale Marktwirtschaft“, die in Wahrheit gar nicht sozial ist? Die nur sozial erscheint, wenn globale Wirtschaftsbedingungen für die deutsche Wirtschaft Extraprofite abwerfen, die dann für soziale Netze benutzt werden und die auf fürchterlichen Ausbeutungsbedingungen anderer Länder in der Peripherie beruhen, denen wir die sogenannte „Soziale Marktwirtschaft“ verdanken? Die Flüchtlingsproblematik weltweit beruht zum größten Teil auf diesen globalen Ungleichheiten, und die deutsche „Soziale Marktwirtschaft“ ist nur möglich dank der Armut der „Verdammten dieser Erde“. Ist die heute beschworene Werte-Gemeinschaft des Abendlandes die der großen Kapitalgesellschaften, die hinten und vorn tricksen (VW, Deutsche Bank und andere), korrupt sind wie Siemens mit seinen „Schwarzen Kassen“ oder jetzt Bayer mit dem Zukauf von Monsanto, dem weltweit größten Konzern der Genmanipulation von lebenswichtigen Pflanzen? Ist es die abendländische Wertegemeinschaft der Habenden, die ihren Krieg gegen die Habenichtse führen? Ist der Werte-Kodex des Abendlandes und der „Sozialen Marktwirtschaft“ gekennzeichnet durch das Aufblühen immer reicher werdender Kapitaleigner und Zocker an den Börsen, die sich lustig über den Niedriglohnsektor machen? Das kann ja wohl nicht wahr sein! Welche Bürgerin und welcher Bürger mit gesundem Menschenverstand will ein solches „Abendland“, eine solche „Soziale Marktwirtschaft“ retten und den marktschreierischen Parteien, die dieses vorschlagen, wählen?

Eine wahrhaft humanistische Gesellschaft, die sich nicht durch innere Zerwürfnisse spalten lassen will, muss in der kommenden Legislaturperiode innehalten und sich fragen, was das ethische Grundfundament unseres Landes sein soll. In welche Gesellschaft soll Integration stattfinden? Welche Werte einen Deutsche, Europäer und Zugewanderte? Zuerst einmal sind es die in Wort und Tat ernst gemeinten Menschenrechte. Aber die genügen nicht. Alle Bürgerinnen und Bürger sind aufgerufen, ein zusätzliches umfassendes Wertegerüst zu diskutieren, auszuarbeiten und als verbindlich zu erklären. Das kann durch eine „Werte-Kommission“, gebildet aus Menschen aller Schichten und Herkunft, geschehen, deren Ergebnisse am Ende der Legislaturperiode allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zur Abstimmung vorgelegt werden. Eine allgemein im gesellschaftlichen Konsens ausgearbeitete, anerkannte und respektierte „Werte-Charta“ verbietet menschenfeindlichen Fundamentalismus gleich welcher Couleur. Die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit und die öffentlichen Institutionen haben damit eine klare Handhabe, hasserfüllte, fremdenfeindliche und gegen den inneren Frieden gerichtete Handlungen zu unterbinden. Parallelgesellschaften werden sich allmählich auf Basis dieser gelebten „Werte-Charta“ auflösen und in eine weltoffene, tolerante Gesellschaft von Mitbürgerinnen und Mitbürgern einmünden, denen die Angst vor dem Fremden genommen wird. Das bedeutet aber auch: Angehörige von Religionen und Weltanschauungen, die diese „Werte-Charta“ der Gesellschaft nicht anerkennen, sind aufgerufen, sich außereuropäische Staaten zu suchen, in denen sie gemäß ihres Selbstverständnisses leben können, in Deutschland und Europa jedenfalls können sie das nicht.

2.)  Die „Werte-Charta“, zusammen mit den universalen Menschenrechten muss, wie bereits betont, zukünftig Teil eines obligatorischen Ethikunterrichtes sein. Die Verbindlichkeit der „Werte-Charta“ soll darüber hinaus auch für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens insgesamt gelten, seien es der politische, wirtschaftliche, soziale,  kulturelle und auch Forschungs-Bereich.

3.) Die Aufnahme von Flüchtlingen darf nicht länger von der Regierung der Bevölkerung ungefragt aufoktroyiert werden. Flüchtlinge sollen lediglich nach vorherigem Einverständnis und mehrheitlichem Konsens der Bürger, die dem ethischen Gebot der Flüchtlingshilfe entsprechen wollen, in Städten und Regionen aufgenommen werden. Nur wenn Bürgerinnen und Bürger sich im Verbund mit den lokalen Behörden verantwortlich erklären, Flüchtlinge bei sich zu beherbergen und als Mitbürger integrieren zu wollen, sollte die Bundesregierung bei der Flüchtlingsaufnahme unterstützend wirken. Dabei können Modellregionen Aufnahme- und Integrationslösungen erarbeiten, die Anreiz für andere Regionen geben, ebenfalls Flüchtlinge aufzunehmen. Obrigkeitsstaatliche Willkür der Flüchtlings-Aufnahme  und –Verteilung muss im Sinne des inneren Friedens ein Ende haben.  

4.) Integrationspolitik zur Vermeidung von Parallelgesellschaften ist so zu gestalten, dass Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Kulturkreise in Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen grundsätzlich gemeinsam und mit geteilten Werten aufwachsen, vom Kindergarten an bis zur Schule, Lehrlingsausbildung und Studium. Dabei ist vor allem vom Jugendalter an nicht nur ein gemeinsamer Unterricht wichtig, sondern es muss auch ein gemeinsames Leben im interkulturellen Kontext in Wohngemeinschaften und Wohnheimen gefördert werden. Ebenso benötigen Nichtregierungsorganisationen auf Gemeindeebene, die sich bemühen, lokal vorhandene Diskriminierungen abzubauen, staatliche Förderung.      

Problembereich 4:

Gefährdung des inneren und äußeren Friedens: Schon seit der deutschen Wiedervereinigung und der Beendigung des sogenannten „Kalten Krieges“ haben die Regierungen in Deutschland und Europa es verpasst, für mehr inneren und äußeren Frieden zu sorgen. Der innere gesellschaftliche Friede wurde vor allem durch die Agenda 2010 verspielt, und die Spaltung der Gesellschaft wird aktuell auf gefährliche Weise verstärkt durch die erratische Flüchtlings- und Integrations-Politik der Bundesregierung. Was den Frieden innerhalb der EU anbelangt, so wurde er einerseits durch das deutsche Spardiktat und andererseits durch die deutsche Flüchtlingspolitik gefährdet. Zusätzlich sind die Nicht-Einbindung Russlands in ein gemeinsames „Europäisches Haus“, wie von Gorbatschow vorgeschlagen, und die einseitige Anlehnung deutscher und europäischer Außenpolitik an die imperiale US-Politik Ursachen für kriegerische Konflikte weltweit, die auch die globalen Flucht-Wanderungen ausgelöst haben. Nie war der Friede in Deutschland, Europa und der Welt seit dem Zweiten Weltkrieg so zerbrechlich wie heute und deutsche Regierungen haben einen Großteil Schuld an dieser Entwicklung. Der Bürger darf einer weiteren Gefährdung des Friedens nicht länger untätig zuschauen. Seine aktive Einmischung in eine zukunftsweisende Friedenspolitik ist unumgänglich.    

Lösungsvorschlag:

Friedens- und Außen-Politik müssen durch pazifistisches politisches Handeln gekennzeichnet sein, das heißt, dass Konfliktlösungen prinzipiell auf friedvolle Weise und durch vorbeugende Maßnahmen angestrebt werden sollen. Solche Maßnahmen sind insbesondere die Folgenenden:

1.) Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Deutschland einen gesellschaftlichen Konsens, dass nie wieder Krieg von deutschem Boden ausgehen sollte. Derzeit ist das Land eines der größten Waffenschmieden der Welt. Die Kriegswaffenproduktion in Deutschland und ihr Export wirkt in vielen Konfliktregionen kriegstreibend und ist mitverantwortlich für den Tod unzähliger ziviler Opfer. Der Export deutscher Kriegswaffen außerhalb Europas muss von der deutschen Regierung untersagt werden. Deutschland darf sich nicht länger an einem freien Waffen-Marktaustausch, der Tod und Verderben nach sich zieht, beteiligen. Des Weiteren muss die Lagerung und der Gebrauch von Massenvernichtungswaffen (biologische, chemische und nukleare) auf deutschem Gebiet, auch wenn sie NATO-Partnern unterstellt sind, verboten werden. Das trifft insbesondere für die US-Basis in Ramstein/Pfalz zu, wo über die Relais-Station des US-Militärs der weltweite Drohnenkrieg gesteuert wird. Die Bundesregierung hat die moralische Verpflichtung, im Rahmen der UN für eine weltweite Ächtung der Herstellung und des Gebrauchs von Massenvernichtungswaffen und die Durchführung von Drohnenkriegen einzutreten.

2.) Eine herausragende Rolle für auswärtige Friedenspolitik müssen in Zukunft interkulturelle Bildungseinrichtungen in der ganzen Welt spielen. Dazu gehören multikulturelle Einrichtungen für berufliche Bildung sowie für akademische Ausbildung in internationalen Friedensuniversitäten. Als Anschubfinanzierung können die 500 Mio. Euro pro Jahr, die an parteinahe Stiftungen der Bundestagsparteien aus dem Bundeshaushalt ausgeschüttet werden, herangezogen werden. Der Austausch der Jugend der Welt ist allemal friedensfördernder als das Sponsern von deutschen Bundestagsparteien-Soldaten.     

3.) Neben präventiver internationaler Friedenspolitik ist besonders eine Neuausrichtung der deutschen Bündnispolitik dringend erforderlich. Dazu gehört:

- Die Kontinuität des europäischen Einigungsprozesses, bei dem zukünftig den Bürgerinnen und Bürgern das Recht zustehen muss, diesen Prozess in demokratischer Weise zu gestalten und eine europäische Bürger-Verfassung auszuarbeiten . Mit einem bürokratisch reglementierten Europa über die Köpfe der Bürger hinweg werden sich die Bürger Europas nicht länger abfinden.  

- Deutsche Hegemonialpolitik in Europa à la Merkel und Schäuble muss einem gleichgewichtigen Dialog Platz machen, der Europa als Ganzes im Auge hat und nicht nur das einseitige Gedeihen deutscher Wirtschaftskraft und die sture Verfolgung einsamer deutscher Alleingänge.   

- Eine neue deutsche Europa-Politik ist untrennbar verbunden mit einer Politik der freundschaftlichen Annäherung an Russland und dessen Einbeziehung in ein „Gesamteuropäisches Haus“. Ohne dieses freundschaftliche Verhältnis wird es keinen dauerhaften Frieden in Europa und in der Welt geben. Das ist auch im Interesse der US-Bürger, wenn auch nicht im Interesse des militärisch-industriellen Komplexes der USA. Aber dem unwürdigen Tanz nach US-amerikanischer Pfeife im NATO-Verbund werden die friedenszugewandten Bürger ein Ende setzen.

- Eine von den USA einseitig diktierte NATO-Politik darf von Deutschland und EU nicht mitgetragen werden. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis. Außerhalb Europas ist ein Einsatz der Bundeswehr zur Friedenserhaltung nur durch ein UN-Mandat gerechtfertigt.

- Deutsche Außenpolitik muss auf eine grundlegende Reform der UN als einziger legitimierter Institution, die internationales Recht sprechen darf, hinarbeiten. Insbesondere ist das Veto-Recht der fünf permanenten Mitglieder des Sicherheitsrates durch ein qualifiziertes Mehrheitsrecht zu ersetzen und weltweit agierende zivilgesellschaftliche Organisationen sollten im Rahmen der UN nicht nur Vorschlagsrechte sondern auch Entscheidungsrechte besitzen.       

- Die neokolonialistische, paternalistische deutsche und europäische Politik der internationalen Zusammenarbeit, die seit dem Zweiten Weltkrieg die ehemaligen Kolonien als billige Rohstofflieferanten behandelten und dadurch Elend und Not von Milliarden Menschen auf der Welt hervorriefen, ist zugunsten einer Politik aufzugeben, die Wissenstranfer von Nord nach Süd priorisiert, um periphere Länder zu befähigen, ihre Rohstoffe selbst zu verarbeiten, zu veredeln und Fertigprodukte auf dem Weltmarkt anzubieten. Das wäre Deutschlands wichtigster Beitrag, um sozialen Missständen, Bürgerkriegen und Flucht entscheidend vorzubeugen und das unheilvolle Kolonialerbe zu überwinden.

Problembereich 5:

Nachhaltige Entwicklung im Sinne einer schonenden Nutzung weltweiter Rohstoffe, die nicht das Leben zukünftiger Generationen infrage stellt, ist heute gefährdeter denn je. Deutschland, die westlichen Industriestaaten insgesamt, aber auch Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien und Russland beuten Rohstoffe auf dem gesamten Globus in nie gekannter Weise zum Nutzen für die reichsten 15% der Weltbevölkerung aus. Folgen sind u. a. der Klimawandel mit dadurch verursachten Katastrophen, Tschernobyl, Fukushima und die Folgen weltweiter Atom-Politik, Luft- wie Wasserverschmutzung in Ballungszentren und dort, wo mineralische Rohstoffe ausgebeutet werden, fortschreitende Abholzung und Vernichtung genetischer Ressourcen sowie drastisch zunehmende Meeresverseuchung. Was wird geschehen, wenn die übrigen 85% der Menschheit die gleichen Konsumrechte wie die bisher privilegierten Mittel- und Oberschichten der Welt einfordern? Ein Zusammenbruch der für den Menschen lebensnotwendigen Umweltgrundlagen wird die unausweichliche Konsequenz sein. Was ist zu tun?

Lösungsvorschlag:

Ich werde hier nur die m. E. wichtigsten politischen Maßnahmen im Innern wie im globalen Zusammenhang vorstellen:

1.) Im Innern

a) zur Vorbeugung:

- Die Umweltproblematik muss Pflichtfach im Unterricht von der Grundschule bis zum Abitur sein und sollte mit einem Pflichtfach Ethik zusammengelegt werden.

- Maßnahmen zur Veränderung des Konsumverhaltens: Verbraucherverbände und Nichtregierungsorganisationen müssen vor allem für hochwertige Konsumgüter (u. a. Autos, elektronische Geräte) Broschüren und Videos erarbeiten, die aufzeigen, welche nachteiligen Auswirkungen ihre Produktion auf den verschiedenen Verarbeitungsstufen für Mensch und Natur hat. Weiß einmal ein Mercedesfahrer, inwieweit er zu Umweltzerstörung und zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen in peripheren Ländern beiträgt, wird er sich hoffentlich den Kauf eines solchen Fahrzeuges zweimal überlegen.

- Forschungsinstitute, die sich mit der Umweltproblematik befassen, sind großzügig mit öffentlichen Mitteln zu fördern.

- Ein Deutsches Institut für Biodiversität muss gegründet werden, das sich um die Erhaltung und Nutzung heimischer genetischer Vielfalt kümmert und verantwortlich zeichnet für von der Industrie unabhängige Forschung über Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln, Düngemitteln und Genmanipulation. Ein solches Institut könnte bspw. in Anlehnung an die in Holzminden zu schaffende naturwissenschaftliche Fakultät entstehen. 

b) zur Korrektur:

- Subventionierung von ökologischer Landwirtschaft im Zusammenhang mit dem Zurückdrängen von Monokulturen und Massentierhaltung mit dem Ziel, die Diversität in Landwirtschaft und Forstwirtschaft im ländlichen Raum insgesamt und besonders im Weserbergland wiederherzustellen. In gleicher Weise müssen Erneuerbare Energien sowie die Nutzung und Verarbeitung lokaler natürlicher Ressourcen in arbeitsintensiven Prozessen gefördert werden, um den Import von Massenware in die Region zu verringern. Für die Finanzierung dieser Maßnahmen ist besonders der Solidar-Wirtschafts-Fonds heranzuziehen.

- Ausweitung von Naturschutz- und Wassereinzugsgebieten

2.) Im globalen Zusammenhang:

-  Aktive Mitwirkung von Bundesregierung und Nichtregierungsorganisationen (die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden müssen) an internationalen Abkommen zur Umweltsicherung und Verpflichtung der Einhaltung dieser Abkommen im Innern.

- Beteiligung an der Errichtung eines Welt-Forschungszentrums für Biodiversität im Herzen des Amazonasgebietes (Iquitos/Peru).

- Errichtung eines weltweiten Fonds für die Beseitigung von Umweltschäden in peripheren Ländern, die in den meisten Fällen für diese Schäden nicht selbst aufkommen können. Die deutsche Industrie, deutsche Konsumenten und die Bundesregierung sind anteilig an der Finanzierung eines solchen Fonds zu beteiligen. Schließlich profitieren sie von der Ausbeutung der Rohstoffe in diesen Ländern.

Schlusswort:

Liebe Wählerinnen und Wähler des Wahlkreises Hameln-Pyrmont/Holzminden,

lassen Sie mich abschließend noch einmal betonen, dass dieser Programmvorschlag gleichzeitig eine Entwicklungs-Vision für das Weserbergland wie auch den Bund darstellt, die für ihre Realisierung einen langen Atem braucht. All die hier vorgestellten Lösungsvorschläge sollen Grundlage für unsere gemeinsamen Debatten bilden, wie wir uns die Region und das Land insgesamt wünschen, um eine bürgerbestimmte, humanistische, friedliche, weltoffene und nachhaltige Zukunft zu sichern. Unsere Wünsche und Vorstellungen werden wir in Gesetzesinitiativen umgießen und sie gemeinsam in den Bundestag einbringen. Ich werde dabei lediglich der Überbringer Ihres Bürgerwillens sein. Wir sollten uns dabei klar sein, dass der Weg vom Parteienstaat weg zu einer von uns selbst gestalteten Bürgerrepublik mit Hindernissen reichlich gepflastert sein wird. Eigennützige Parteien geben ihre Macht-Privilegien im Weiterso-Staat nicht kampflos preis, selbst wenn dieser in immer schärfere Krisen einmündet. Aber wenn wir im Vertrauen auf unseren eigenen Bürgerwillen unbeirrt für eine bessere Zukunft streiten, wer wird uns dann aufhalten? 

Unabhängige Bürger wählen sich selbst in den Bundestag!

Keine Stimme für eigennützige Parteien, seien es die Weiterso-Bundestagsparteien oder sei es die nationalistisch, fremdenfeindlich ausgerichtete AfD!

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Artikel 3  (19/9/2016)

 

BT-Wahl 2017

Alternative zu Altparteien und AfD

Wie könnte ein Programm von partei-unabhängigen Direktkandidaten aussehen? Das Mögliche möglich machen. Das Weiterso beenden. Vom Parteienstaat zur Bürgerrepublik.

Foto: Wikimedia Commons, Kanzlerin Merkel

Foto: Wikimedia Commons, Reichstag/Bundestag

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Wer sich den Eintrag bei Wikipedia zur Wahl des 19. Deutschen Bundestages anschaut, möchte meinen, es handele sich um eine von der Kanzlerin persönlich in Auftrag gegebene Wahlwerbung ( https://www.wikiwand.com/de/Wahl_zum_19._Deutschen_Bundestag ).  Kein Wunder! Ein Jahr vor der BT-Wahl sacken die Zustimmungswerte für die Kanzlerin und die Altparteien beständig ab, es muss dagegen gehalten werden. Andererseits befindet sich die AfD im Höhen-Anflug auf das „Hohe Haus“, das nach 67 Jahren Bundesrepublik zu einem „Niedrigen Haus“ verkommen ist. Das Land ist in einem zerrissenen, desaströsen Zustand wie nie zuvor nach Weltkrieg II, trotz der von Merkel bei Neujahrsansprachen gebetsmühlenhaft wiederholten Beteuerung: „Vertraut dem Staat, er wird‘s schon richten.“  Dagegen plustert sich die AfD wie ein schillernder, nationalistischer Gockel auf und kräht: „Vertraut dem Staat so wie er ist nicht. Er wird gar nichts richten, nur vermasseln. Die AfD wird’s richten“.

Das Schmierentheater des öffentlichen Berlins setzt sich nach der Sommerpause des Parlamentes und nach der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin mit Pauken und Trompeten in Bewegung. Die Kanzlerin mutierte von einer „Willkommens-Mutti zu einer Abschiebe-Mutti“. Geballte Ressentiments und offener Hass schlagen ihr von großen Teilen der Bevölkerung, mehrheitlich aus dem Niedriglohnsektor, entgegen. Die Flüchtlingsproblematik erweist sich als Schleusen-Öffnung für bisher unterschwellig brodelnde Xenophobie und allgemeine Frustration über die Bundestagsparteien-Diktatur, die die Republik entgegen der im GG versprochenen Volkssouveränität seit 1949 eisern im Zaum hält. Die Behandlung der Flüchtlingsproblematik und eine Integrationspolitik, die Zuwanderer ausschließlich unter demographischen Gesichtspunkten und ihrer Verwertbarkeit für das Volkseinkommen betrachtet, ist symptomatisch für das Versagen der Regierenden in der Republik schlechthin. Ein wachsender Anteil armer Menschen in Deutschland befördert tägliche Überlebensängste von Millionen von Bürgern. Europa bricht zusehends auseinander, besonders dank Merkels Spardiktat und Flüchtlingspolitik. Russland wird auf gefährliche Weise isoliert und liefert sich mit dem Westen, besonders der USA, in der Ukraine- und Syrienkrise einen neuen „Kalten Krieg“. Der deutsche und europäische Vasallenstatus gegenüber den USA ist unwürdig und ermutigte den Möchtegern-Sheriff der Welt nach dem Mauerfall zu aberwitzigen kriegerischen Abenteuern. Die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik, ausgerichtet auf die Ausbeutung von Rohstoffen in peripheren Ländern, ist mit ein Grund für die Entstehung immer neuer Konfliktherde auf der Welt und den daraus resultierenden Völker-Wanderungen der „Verdammten dieser Erde“, trotz Steinmeiers Selbstbelobigungen.

Man stelle sich vor, die AfD würde in einem Jahr mit Glanz und Gloria im Reichstag Platz nehmen und mit geschwellter Brust die gleichen Rechte nach staatlichen Zuschüssen einfordern, wie sie aktuell die Bundestagsparteien unrechtmäßig genießen. Sie würden sich ebenfalls eine mächtige Lobby in Gestalt einer parteinahen Stiftung zueignen, womöglich mit bis zu 100 Mio. Euro jährlich aus dem Staatshaushalt bezuschusst. Wie bei den Altparteien könnten davon Hunderte von Stipendiaten und zukünftigen nationalistischen Parteikadern geködert werden. Es könnten zahlreiche Auslandsbüros mit insgesamt mehreren Hundert Mitarbeitern errichtet werden, die ähnliche politische „Wühlarbeit“ verrichten, wie die parteinahen Stiftungen der Altparteien bisher in Form ihres jeweiligen  Ideologie-Transfers. Nicht auszudenken!

Aber Hand aufs Herz: Gibt es keine Alternative zu einer derartigen Entwicklung? Ist Deutschland dazu verurteilt, aufgrund der völlig versagenden, selbstgerechten politischen und wirtschaftlichen Seilschaften der Nachkriegszeit ein analoges Desaster im Innern wie nach Außen in die Wege zu leiten wie das der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts?

Ich meine Nein. Das muss kein unvermeidliches deutsches „Naturereignis“ werden. Was wir in der heutigen Zeit mehr denn je brauchen, ist die aktive Einmischung des mündigen Bürgers in die öffentlichen Belange. Zu lange wurde eigensüchtigen und seilschaftshörigen Berufspolitikern unhinterfragt die Macht im Staate übergeben. Wie wir heute sehen, ging das mit den Jahren, vor allem nach der Wiedervereinigung, total in die Hose. Was wir heute brauchen sind engagierte Bürger, die sich in die Politik einmischen und sich dem Gebot der Volkssouveränität verschreiben. Es ist dummes Geschwätz, der Zivilgesellschaft als Ganzer die Mündigkeit abzusprechen, über öffentliche Belange mitzubestimmen. Das würde ja bedeuten, dass bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt das Gesellschaftsmodell der Demokratie lediglich eine Schimäre sei, hinter der sich in Wahrheit die Diktatur der Eliten (BT-Partei-Repräsentanten) versteckte. Nein, partizipative Demokratie, d. h. direkte Teilhabe des Bürgers nicht nur in vierjährigem Abnick-Rhythmus, ist möglich, wenn sie denn von den gewählten unabhängigen Repräsentanten im steten Austausch mit den Bürgern ernst genommen würde: mittels Aufklärung, unabhängiger Information und Identifikation mit dem Bürger statt Identifikation mit eigensüchtigen Interessen und den Interessen von Polit-Eliten.  

Ich plädiere deshalb für die Kandidatur parteiunabhängiger Menschen in möglichst allen Wahlkreisen. Es sollte dahingehend eine Bewegung in Gang gesetzt werden: Gegen die fossilen Strukturen der Altparteien und für die Abschaffung ihrer politischen Monopolmacht. Gleichzeitig wäre es eine Bewegung gegen xenophobe, rückwärtsgewandte Tendenzen, die sich in der AfD versammeln und die sich anschicken, ein unseliges, längst überwunden geglaubtes deutsches Erbe wieder aufzunehmen.

Das Programmgerüst einer Bewegung, die partei-unabhängige Kandidaten unterstützt, sollte unter dem Leitmotiv: Vom Parteienstaat zur Bürgerrepublik  1) freiheitlich, 2) pazifistisch, 3) humanistisch, 4) der Umwelt verpflichtet und 5) weltoffen ausgerichtet sein.

In der Folge werde ich versuchen, die m. A. n. wichtigsten Programmpunkte unter den fünf Stichwörtern zu skizzieren.

1. Was heißt freiheitlich?

Die Freiheit des Bürgers über seine persönlichen Belange in eigener Verantwortung zu bestimmen und gemeinsam mit den Mitbürgerinnen und Mitbürgern die öffentlichen Dinge in souveräner Verwaltung in die Hand zu nehmen.

Wichtige Programmpunkte sind:

(i) Jeder Mensch hat das unveräußerliche Recht, über sich und seine Lebensumstände frei zu bestimmen, und das im Einklang mit dem Gemeinwesen und der ihn umgebenden Natur. Deshalb geht auch die öffentliche „Gewalt vom Volke aus“ und nicht von einer Parteiendiktatur. Die Gewaltausübung der Bürger sollte durch Wahlen und Volksabstimmungen realisiert werden, wie im GG vorgesehen. Letzteres wussten die BT-Parteien bis heute zu torpedieren. Deshalb die erste Kernforderung: Volksabstimmungen zu wichtigen Fragen der Lebensumstände der Bürger durchsetzen. Diese Abstimmungen sind das Korrektiv bzw. die Kontrolle zu Entscheidungen des Parlaments, das nur alle vier Jahre gewählt wird.

(ii) Politische Freiheit und Einflussnahme des Bürgers muss auch über seine Repräsentanten im Parlament während der Legislaturperiode gewährleistet sein. Der Bürger sollte sich nicht selbst am Wahltag seiner politischen Freiheit für vier Jahre berauben. Parteiunabhängige Abgeordnete im Bundestag sollten sich bereit erklären, Gesetzesinitiativen, die von einer großen Zahl von Bürgern eingebracht werden (bspw. Ablehnung von TTIP und CETA), während der Legislaturperiode im Parlament zur Sprache und zur Abstimmung zu bringen: Gesetzesinitiativen aus der Mitte der Zivilgesellschaft über unabhängige Abgeordnete eingebracht sind im Bundestag zu  verhandeln.

(iii) Die Zuweisung finanzieller Pfründe aus dem Staatssäckel an parteinahe Stiftungen (BT-Parteien-Lobbys) widerspricht der Gleichbehandlung von zivilgesellschaftlichen Organisationen vor dem Gesetz. Durch öffentliche Zuwendungen an parteinahe Stiftungen ist deren politische Freiheit in unvertretbarer Weise überhöht gegenüber derjenigen von unabhängigen zivilgesellschaftlichen Vereinigungen, die lediglich auf privater Spendenbasis operieren. Politische Parteien und ihre Stiftungen sind mitnichten ausschließliche Träger politischer Willensbildung. Neben BT-Parteien sowie staatlichen, kirchlichen und gewerkschaftlichen Bildungsinstitutionen tragen zahlreiche zivilgesellschaftliche Vereinigungen teilweise weit mehr zur politischen Willensbildung bei. Doch sie werden nicht vom Staat gesponsert, sie werden finanziell gegenüber parteinahen Stiftungen diskriminiert. Wenn man bedenkt, dass BT-Parteien-Mitglieder lediglich 2% aller Wahlberechtigten ausmachen und 98% der wahlberechtigten Bevölkerung kein Anrecht auf öffentliche Zuwendungen für ihre Arbeit zur politischen Willensbildung haben, dann ist das ein politischer Skandal erster Güte. Deshalb gehört die Abschaffung der öffentlichen Zuschüsse an BT-Parteien-Lobbys in Gestalt parteinaher Stiftungen (bisher 500 Mio. Euro jährlich) auf die Tagesordnung eines neuen Bundestages mit dem Ziel, politische Freiheit für alle Bürger in gleichgewichtiger Weise herzustellen.

(iv) Was ebenfalls in unverschämter Weise zur Einschränkung von Bürgerfreiheit beiträgt, ist die beinahe ausschließliche Besetzung von Spitzenämtern (mit Entscheidungsgewalt) im Staatsapparat, d. h. Stellen direkt unterhalb der Staatssekretärsebene, durch BT-Parteien-Kader. Diese Posten in der Exekutive, Legislative und Judikative (von mir geschätzte 20.000 im Inland und bei internationalen Organisationen im Ausland) sind von BT-Parteien-Mitgliedern besetzt, die ihren Partei-Oberen hörig sind und die damit unabhängige, nicht parteigebundene Fachleute von diesen wichtigen Stellen im Staatsapparat ausschließen und diskriminieren. Diese Art der „deutschen Korruption“, der sich schon junge Menschen während der Berufsausbildung durch Eintritt in BT-Parteien-Organisationen unterwerfen müssen, wollen sie Karriere im Öffentlichen Dienst machen, muss abgelöst werden durch von der Zivilgesellschaft ausgewählte Ombudsmänner/frauen (analog zu Gleichstellungsbeauftragten) in staatlichen Institutionen, die darüber wachen, dass mindestens 90% Partei-Unabhängige in Spitzenämtern mit Entscheidungsgewalt sitzen (ausgenommen sind politische Funktionsträger wie Minister und Staatssekretäre, die der jeweiligen Regierungspartei angehören). Motto: Der Staatsapparat gehört dem gesamten Volk; er ist Diener des Volkes und gehört somit der Kontrolle des Volkes unterstellt; er ist nicht Besitz der BT-Parteien und dient nicht dem Unterhalt ihrer Kader. 

(v) Politische Freiheit des Bürgers beginnt da, wo er seine Heimat hat, in der Heimat-Gemeinde. Die Gemeinde, aus freien Bürgern gebildet, ist zusammen mit der Familie und der Nachbarschaft die Keimzelle der Bürger-Gesellschaft, aus der Identität und Sicherheit erwächst und aus der, im Gegensatz zur Untertanen-Gesellschaft, der Bürger zum historischen Subjekt wird. Wie bereits bei der Gesamt-Gesellschaft im Parteienstaat bemängelt, ist auch auf Gemeindeebene der Bürger seit Gründung der Bundesrepublik Gefangener der BT-Parteienstrukturen, d. h. in seiner politischen Freiheit dem lokalen BT-Parteienfilz unterworfen. Gewiss, auf Gemeindeebene gelingt es dem unabhängigen Bürger leichter, die politische Monopolmacht der BT-Parteien zu durchbrechen, doch ist gegen deren Finanzmacht aus Landes- und Bundesmitteln schwer anzugehen. Der unabhängige Bürger besitzt keine überregionale Lobby, die ihm politische Gestaltungskraft verleihen könnte. Deshalb ist eines der wichtigsten Ziele, um Bürger-Gesellschaft auf Gemeindeebene zu errichten, ebenso wie auf Landes- und Bundesebene, das Unterbinden der politischen Monopolmacht der BT-Parteien und die Kontrolle und Übernahme der Gemeindeverwaltung durch die lokale Bürger-Gesellschaft. Durch welche Maßnahmen könnte dieses Ziel erreicht werden: 

- Die unter (i) bis (iv) aufgeführten Programmpunkte werden sich, wenn sie erreicht sind, positiv auf Gemeindeebene auswirken: Bspw. könnten und sollten auf Gemeindeebene Befragungen zu wichtigen politischen Entscheidungen stattfinden, die bei entsprechender Mehrheit für die Gemeindeverwaltung Bindungskraft hätten. Weiterhin wird die Abschaffung öffentlicher Mittel für die BT-parteinahen Stiftungen auch positive Wirkungen auf lokaler Eben zeitigen, da diesen Parteien insgesamt geringere Mittel zur Verfügung stehen und sie so mit lokalen Bürgervereinigungen finanziell gleichgestellt werden. Ganz wichtig auch auf lokaler Ebene sind die Ombudsfrauen/männer, die bei Stellenvergabe der Öffentlichen Hand dafür Sorge tragen müssen, dass mindestens 90% der wichtigen Stellen an Parteiunabhängige vergeben werden.

- Darüber hinaus sollten neben den Gemeinderäten frei gewählte „Bürger-Komitees“ (möglichst in Form von eingetragenen Vereinen) gewählt werden, die die ehrenamtliche soziale Kontrolle in der Gemeinde wahrnehmen: Dazu gehört u. a. die Beobachtung der Tätigkeiten der Gemeindeverwaltung wie auch des Gemeinderates sowie der Ausarbeitung von Vorschlägen zur Inneren Sicherheit in der Gemeinde durch Prävention von Diskriminierung sozialer Gruppen und stattdessen Förderung ihrer Integration in einer harmonisch funktionierenden, demokratischen Bürger-Gesellschaft. Die Bürger-Komitees sollten eine Website aufmachen, auf der das Gemeindeleben öffentlichen Niederschlag findet, mit Nachrichten, Kritik, Vorschlägen, usw.

- In den letzten Jahrzehnten hat eine sträfliche Auszehrung der kommunalen Finanzen für den Rückgang von Nettoinvestitionen und der Minderung des Kapitalstocks der Gemeinden gesorgt. Eine freie Bürger-Gesellschaft auf Gemeindeebene kann nur durch Ausstattung ausreichender finanzieller Ressourcen den Bedürfnissen aller Bürger Rechnung tragen. Lokaler Verkehr, Wasser-, Abwässer-, Stromversorgung, Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Freizeitangebote, kulturelle Aktivitäten, Sozialvorsorge, Umweltschutz, Wirtschaftsförderung (siehe dazu auch weiter unten die Einführung der Solidar-Wirtschaft auf Gemeindeebene) und vieles mehr ist nur durch ausreichende Finanzausstattung der Gemeinden möglich. Dazu sind die Steuereinnahmen sowie die Finanzzuweisungen über den Finanzausgleich entscheidend zu verbessern. Es ist Gemeinplatz, dass eine bessere Finanzausstattung auf Gemeindeebene eine wichtige Quelle der Einkommensumverteilung zugunsten sozial benachteiligter Schichten sowie zur Minderung von Arbeitslosigkeit wie zur Erhöhung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) darstellt. Das jedoch scheint bei den Finanzministern und Kanzler/in der vergangenen Bundesregierungen auf taube Ohren gestoßen zu sein.          

2. Was heißt pazifistisch?

Pazifistisches politisches Handeln bedeutet, die Sicherheit des Bürgers durch geeignete Innen- und Außenpolitik auf friedvolle Weise und durch vorbeugende Maßnahmen zu gewährleisten.

Im Innern

Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu garantieren darf nicht alleinige Aufgabe von staatlichen Sicherheitsorganen sein (Geheimdienste, Polizei). Unter dem Vorwand, die Innere Sicherheit des Bürgers zu schützen, schlittert die Republik immer tiefer in einen Polizei- und Überwachungsstaat, der keine Privatsphäre mehr zulässt und den Bürger zum „Gläsernen Bürger“ macht. Zudem haben ausländische Geheimdienste (US- und britische) den deutschen Bürger fest im Visier und die Bundesregierung macht nichts oder zu wenig dagegen.

Wie müsste eine pazifistische Sicherheitspolitik im Innern aussehen? Zuerst einmal und primär ist eine aktive friedvolle Konfliktvorbeugungs- bzw. –vermeidungs-Politik zu entwickeln, die geeignet ist, Konflikte zwischen den Bürgern bereits im Ansatz zu mindern und die dadurch zu erhöhter Sicherheit und Vertrauen zwischen den Bürgern beiträgt. Gesellschaftliche Konflikte entstehen im Wesentlichen durch Diskriminierung, seien sie materieller, sozialer, religiöser, kultureller oder politischer Art. Deshalb gilt, Diskriminierung jeglicher Art durch eine aktive Friedenspolitik im Innern entgegen zu treten.

Erste Forderung muss sein, gemeinnützige Nichtregierungsorganisationen (NROs), die sich der Vorbeugung bzw. Minderung von gesellschaftlicher Diskriminierung in den Gemeinden widmen, aus Steuergeldern zu fördern.

Eine zweite Forderung muss sein, in Schulen einen Pflichtunterricht über Ethisches Verhalten einzuführen, der besonders die Inhalte der Aufklärung, die Universalen Menschenrechte, aktive Friedenspolitik und Konfliktvermeidung als Grundlehrstoff anbietet.

Was das Recht Deutschlands auf militärische Verteidigung seines Territoriums anbelangt, so ist damit die Bundeswehr im Rahmen der NATO beauftragt. Dieses Recht sollte allerdings die Lagerung und den Gebrauch von Nuklear-, chemischen und biologischen Waffen (Massenvernichtungswaffen) ausschließen, auch wenn sie der Verantwortung von NATO-Partnern auf deutschem Gebiet unterstellt sind. Deutschland hat sich verpflichtet, dass von seinem Boden nie wieder Krieg ausgeht. Das muss auch für die NATO-Partner gelten. In diesem Sinne sollte ebenso die US-Basis in Ramstein/Pfalz, von der aus die USA den weltweiten Drohnenkrieg steuert, geschlossen werden. Im Allgemeinen sollte deutsche Sicherheitspolitik darauf hinarbeiten, dass Herstellung und Gebrauch von Massenvernichtungswaffen und die Durchführung von Drohnenkriegen im Rahmen der UN durch internationale Abkommen geächtet werden.

Nach Außen

Deutschland hat eine florierende, besonders auf den Export ausgerichtete Waffenindustrie, die weltweit in kriegerischen Konflikten zum Tod Tausender unschuldiger Menschen beiträgt. Aktive Friedenspolitik nach Außen beginnt mit staatlicher Einschränkung der Produktion und des Exports von militärischen Gütern. Wenn es um die Sicherheit des Bürgers geht, hat der Staat die Verantwortung über die Kontrolle von im Inland hergestellten militärischen Gütern. Produktion und weltweite Vermarktung dieser Güter darf nicht dem „Freien Markt“ überlassen bleiben. Konkret sollte das bedeuten, besondere Steuern auf die Produktion militärischer Güter zu erheben. Vor allem aber sollte die Ausfuhr dieser Güter zu einem totalen Stopp führen. Des Weiteren: Erklären sich Entwicklungsländer bereit, aktive Friedenspolitik im Innern und nach Außen zu betreiben, sollten sie auf die Unterstützung vonseiten Deutschlands zählen können.

Eine herausragende Rolle in der auswärtigen Friedenspolitik sollten internationale, interkulturelle Bildungseinrichtungen spielen: Weltweiter internationaler Schüleraustausch, internationale, multikulturelle Berufsschulausbildung sowie internationale Universitäten, in denen Jugendliche aus verschiedensten Kulturkreisen der Welt gemeinsam studieren und zu verantwortungsbewussten Weltbürgern heranreifen. Die derzeitig ausgeschütteten 500 Mio. Euro jährlich an die parteinahen Stiftungen sollten dabei als Startkapital zur Förderung internationaler Bildungseinrichtungen herangezogen werden.          

Neben präventiver internationaler Friedenspolitik ist besonders eine Neuausrichtung der deutschen Bündnispolitik dringend erforderlich. Das Ende des „Kalten Krieges“ hat leider nur ein kurzes Innehalten der Großmächte und Deutschlands in ihrer Außenpolitik bewirkt, um nach einer kurzen Pause des „Tauwetters“ diesen „Krieg“ nun mit umso verbissener Stärke fortzusetzen.

Eckpfeiler deutscher Friedenspolitik muss die Kontinuität des europäischen Einigungsprozesses sein. Dieser Prozess hat in den Nachkriegsjahrzehnten zur längsten Friedensphase in der europäischen Geschichte beigetragen. Allerdings wird seit Beginn des 21ten Jahrhunderts dieser Einigungs- und Friedensprozess durch deutsche Hegemonialpolitik zunehmend in Frage gestellt. Die Schaffung des Euro ohne gleichzeitige europäische Wirtschafts- und Sozialpolitik hat die Hegemonialstellung der deutschen Wirtschaft innerhalb des Euro-Raumes zur Folge gehabt. Besonders seit der Griechenlandkrise 2010 hat das deutsche Spardiktat die übrigen Euro-Staaten in ihrer Ausgabenpolitik derart geknebelt und strukturelle Ungleichgewichte verstärkt, dass Deutschland und seine Regierung erstmals in der Nachkriegsgeschichte wieder als Hegemon inmitten der europäischen Staatengemeinschaft wahrgenommen wird, dem sich die übrigen Euro-Staaten nicht länger unterwerfen wollen. Zusammen mit der einseitigen und autoritären deutschen Herangehensweise an eine europäische Flüchtlingspolitik wurde ein gefährlicher Spaltungsprozess in Europa in Gang gesetzt.

Was ist zu tun, um den schleichenden Zerfall des europäischen Kontinents aufzuhalten und wieder zu einem weltweit respektierten und modellhaften Staatenbündnis zu gelangen, das aktiv zum inneren europäischen wie zum Weltfrieden beiträgt?

Es sollten folgende politische Maßnahmen ergriffen werden:

(i) Was für die „kranke“ deutsche Demokratie und fehlende politische Freiheit gilt, das gilt ebenso für die übrigen „kranken“ europäischen Demokratien. Die europäischen Bürger in ihrer Gesamtheit sind unfrei und lediglich ausgenutzte Untertanen der jeweils herrschenden Parteien und Eliten. Die Bürgerferne politischer und wirtschaftlicher Eliten ist am ehesten an den überstaatlichen europäischen Institutionen festzumachen, auf die der einzelne Bürger überhaupt keinen Einfluss hat. Die vornehmste Aufgabe einer neuen deutschen Regierung in der Europapolitik muss sein, entsprechend zum Demokratisierungs-Prozess in Deutschland, einen Reform-Prozess in ganz Europa anzustoßen, der die tatsächliche Teilhabe des mündigen Bürgers am öffentlichen Geschehen zum Inhalt hat und darauf hinzielt, die Monopolmacht der herrschenden politischen Parteien zu brechen. Eine europäische Identität wird niemals gegen den Bürger entstehen können sondern nur mit ihm als Souverän. Es existieren bereits zivilgesellschaftliche Vorschläge einer bürger-getragenen EU, die aufgegriffen, weiterentwickelt und in Form eines wahrhaft demokratischen europäischen Regelwerkes (Verfassung) den europäischen Bürgern und Bürgerinnen zur Abstimmung vorgelegt werden sollten.       

(ii) Der hegemoniale, autoritäre, bevormundende Stil deutscher Europapolitik, wie er sinnbildlich in Gestalt des Auftretens von Merkel und Schäuble bezüglich europäischer Finanz-, Wirtschafts-, Sozial- und Flüchtlingspolitik zum Ausdruck kommt, muss einem gleichgewichtigen Dialog Platz machen, der Europa als Ganzes im Auge hat und nicht nur das einseitige Gedeihen deutscher Wirtschaftskraft und die sture Verfolgung einsamer deutscher Alleingänge. Autoritäre deutsche Europapolitik wie in der wilhelminischen und der faschistischen Epoche vorexerziert, gehört ein für alle Mal in die Mottenkiste verbannt. Stattdessen: Respekt vor dem Andersdenkenden heißt auf zwischenstaatlicher Ebene Respekt gegenüber den Eigenheiten und Verständnis für die Schwierigkeiten der übrigen europäischen Länder. Auf allen Politikfeldern sind gemeinsam erarbeitete und getragene Lösungen anzustreben. Es ist ein Irrglauben anzunehmen, nationalistische Politiken dienten der Wohlfahrt und dem Frieden der Bürger in einzelnen Staaten mehr als solidarisches Handeln zwischen den europäischen Staaten. Jeder einzelne europäische Staat, ob klein oder groß, ist nur solange stark, wie er in einem friedfertigen Bürger-Europa auf die Solidarität der übrigen Staaten bauen kann.  

(iii) Das deutsche Verhältnis zu Russland muss einen grundlegenden Wandel erfahren. Russland ist Teil Europas. Es ist unverzeihlich, dass deutsche Außenpolitik, besonders nach Ende des „Kalten Krieges“, nicht aktiv daranging, wie von Gorbatschow vorgeschlagen, Stück für Stück das gemeinsame europäische Haus zu bauen. Deutsche Politik hat nach zwei verheerenden Weltkriegen, in denen durch deutsche Schuld 25 Millionen Russen ihr Leben lassen mussten, immer noch nicht begriffen, dass ein Freundschaftsvertrag mit diesem Land eine Priorität ersten Ranges sein muss. Dieses Versäumnis ist einer USA-hörigen Außenpolitik zu verdanken, die über den Rahmen einer von den USA diktierten NATO-Politik nicht hinaus zu denken vermag. Mit einer neuen Europa-Politik ist untrennbar eine Politik der freundschaftlichen Annäherung an Russland und dessen Einbeziehung ins „Europäische Haus“ verbunden. Sicherheit und Frieden in Europa sind nur mit Russland als engem Partner möglich, nicht gegen Russland. Die USA muss zur Tolerierung einer derartigen Friedenspolitik gewonnen werden, denn sie ist auch im ureigenen Interesse der USA und dient dem Weltfrieden. Der kapitalistische militärisch-industrielle Komplex der USA wird seine Weltpolizisten-Rolle notgedrungen aufgeben müssen, denn letztendlich werden auch die Bürger dieses Landes darauf drängen, nicht international isoliert und in dauernde kriegerische Konflikte verstrickt zu werden. 

Wie sollte deutsche auswärtige Friedenspolitik bezüglich NATO, UN und Übriger Welt aussehen?

(i) Eine von den USA einseitig diktierte NATO-Politik sollte von Deutschland und EU nicht mitgetragen werden. Die NATO ist ein Verteidigungsbündnis, kein Angriffsbündnis. Es muss darauf hingearbeitet werden, dass sich Russland diesem Bündnis in geeigneter Form anschließen kann. Sollten die USA einseitig und imperial militärisch intervenieren wollen, darf das nicht von D und EU mitgetragen werden. Ist eine militärische Präsenz und Einschreiten von D und EU in außereuropäischen Ländern gewünscht, bspw. aus humanitären Gründen oder aus Gründen der Prävention von Bürgerkriegen und der Sicherung des Weltfriedens, so sollte ein derartiger Einsatz einzig und allein aufgrund einer Ermächtigung des Sicherheitsrates der UN erfolgen. Konkret heißt das, dass die Bundeswehr nur mit UN-Mandat außerhalb Europas eingesetzt werden darf

(ii) Die wohl wichtigste friedenspolitische Aufgabe einer neuen deutschen Außenpolitik muss das Bestreben sein, die UN zu reformieren. Sie ist die einzige international legitimierte Organisation, deren primäre Aufgabe die Sicherung des Weltfriedens ist und die internationales Recht sprechen und durchsetzen darf. Als solche wurde sie nach dem Zweiten Weltkrieg von allen Nationen der Welt begründet. Jedoch sind die UN mit der derzeitigen Organisationsstruktur völlig überfordert, dieser Aufgabe angemessen nachkommen zu können. Analog zur EU sind die UN ein Staatenbündnis, in dem die Regierungen der Staaten das Sagen haben, nicht die Völker. Um diesen Mangel zu beheben, haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche zivilgesellschaftliche Foren mit Menschen aus aller Welt gebildet, die einen immer größeren Einfluss auf Entscheidungen der UN nehmen (bspw. in Fragen des Klimas, der Abschaffung von Diskriminierungen aller Art, der Besserung der Lebensverhältnisse benachteiligter sozialer, ethnischer, kultureller Gruppen). D und EU sollten diese weltweiten, zivilgesellschaftlichen Organisationen fördern und dazu beitragen, dass ihnen im Rahmen der UN nicht nur Vorschlagsrechte sondern auch Entscheidungsrechte eingeräumt werden.

Der zweite entscheidende Mangel der UN ist seine Regierungsstruktur. Die UN-Vollversammlung, in der alle Staaten der Welt, durch ihre Regierungen vertreten, gleichgewichtig mitreden und bestimmen, hat gegenüber der „Weltregierung“, dem 15 Mitglieder zählenden UN-Sicherheitsrat, wenig Mitsprache bei Fragen des Weltfriedens. Im Sicherheitsrat sind es die fünf permanenten Mitglieder mit Vetomacht, die sich im Allgemeinen gegenseitig blockieren und so wichtige Entscheidungen für den Weltfrieden selten oder gar nicht treffen. Dieser unsägliche Zustand, der nun schon seit Gründung der UN andauert, muss endlich überwunden werden, um Konflikte in der Welt schneller und friedvoll zu lösen. Ein entscheidender Beitrag dazu könnte eine engere Zusammenarbeit von D und EU mit Russland sein. D und EU sollten Brückenfunktion zwischen den beiden wichtigsten Atommächten einnehmen, anstatt einseitig der imperialen US-Politik zu folgen. Würde Russland nicht ständig auf Betreiben der USA von der westlichen Welt isoliert, könnte seine Opposition im Sicherheitsrat gemindert werden, was zur Lösung zahlreicher regionaler Konflikte in der Welt beitrüge. Jedoch muss danach ein zweiter entscheidender Schritt für ein besseres Funktionieren des UN-Sicherheitsrates eingeleitet werden: Das Veto-Recht der permanenten Mitglieder ist mittelfristig durch ein qualifiziertes Mehrheitsrecht zu ersetzen.            

(iii) Deutsche Friedenspolitik und Zusammenarbeit gegenüber den Schwellenländern und weniger entwickelten Ländern sollte unter dem Leitsatz stehen: Freundschaft, Solidarität und friedensfördernde Zusammenarbeit bei gegenseitiger Achtung und Anerkennung der universalen Menschenrechte als Richtschnur des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Austausches. Dabei muss eine nach dem Zweiten Weltkrieg begonnene neokoloniale Ausbeutung von Rohstoffen durch Deutschland und Europa umgehend ersetzt werden durch eine Politik, die darauf setzt, diese Länder zu befähigen, ihre Rohstoffe selbst zu Fertigprodukten zu veredeln, um sie auf dem Weltmarkt zu fairen Preisen zu handeln. Eine solche Kehrtwendung deutscher und europäischer Zusammenarbeit setzt in erster Linie den Transfer von Wissen und Technologien voraus, der durch den Aufbau von Wissens- und Technologiezentren im interkulturellen Kontext erfolgen sollte. Ein Brunnen oder ein gepflanzter Baum in der Wüste machen sich wunderschön im Deutschen Fernsehen, aber  Brunnenbau und Aufforstung wie auch die Herstellung von Fertigprodukten sind erst dann nachhaltig, wenn die dazu notwendigen Techniken in Zentren zur Wissensübermittlung und beruflicher Bildung von der Jugend des betreffenden Landes erlernt und selbständig angewendet werden können. Die alten Kulturländer China und Indien haben vorgemacht, wie Entwicklung stattfindet, nämlich durch selbst erworbenes Wissen und Beherrschung technologischer Produktionsprozesse. Neokolonialistische, paternalistische Vorgehensweise in der internationalen Zusammenarbeit, die Deutschland auch an US-Seite tatkräftig mithilfe von Weltbank und Internationalem Währungsfonds seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts aufrecht erhält, muss endgültig der Vergangenheit angehören. Das wäre Deutschlands wichtigster Beitrag, um sozialen Missständen, Bürgerkriegen und Flucht in den Partnerländern entscheidend vorzubeugen und um schließlich das unheilvolle Kolonialerbe überwinden zu helfen.          

3. Was heißt humanistisch?

Im Gegensatz zu einem kapitalistischen Gemeinwesen ist ein humanistisches Gemeinwesen bestrebt, für alle Bürger würdige materielle und immaterielle Lebensbedingungen bereitzustellen. Ein humanistisches Gemeinwesen stellt den Menschen, nicht die Ware, in den Mittelpunkt seines Selbstverständnisses. Empathie, gegenseitige Hilfe, Toleranz als Achtung des Menschen in seiner Verschiedenheit, universale Menschenrechte und eine universal geteilte Verhaltens-Ethik sind Eckpfeiler humanistischen Handelns.

Wenn wir uns den Zustand unserer kapitalistischen Gesellschaft vorurteilsfrei ansehen, stellen wir fest, dass sie von den Idealen einer humanistischen Gesellschaft meilenweit entfernt ist. Selbst Papst Franziskus kommt zu der Anschauung, dass Kapitalismus tötet, d. h. gegen das Leben des Menschen gerichtet ist, mit anderen Worten unmenschlich ist. So offen heraus hört man das von keinem deutschen Regierungsvertreter. Warum nicht? Weil die Wirtschaft und die ihr hörige Regierung seit Konstituierung der Bundesrepublik 1949 nur das eine Ziel kannte: Wiederherstellung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung bei gleichzeitiger Abschwächung sozialer Benachteiligungen der Unterschichten, das heißt, die Errichtung des berühmt, berüchtigten Modells der „Sozialen Marktwirtschaft“. Dieser euphemistische Begriff ist ein Widerspruch in sich selbst. Kapitalistische Marktwirtschaft kann per se nicht sozial sein. Auf dem kapitalistischen Markt gewinnen die Starken, die Kapital besitzen; da herrscht keine Empathie, keine Solidarität, Nächstenliebe schon gar nicht. Damit die Schwachen, die nur ihre Arbeitskraft besitzen, nicht vollends verarmen und verelenden, muss der Staat mehr oder weniger geeignete soziale Netze aufspannen, um soziale Verwerfungen zu vermeiden. Soziale Netze sind davon abhängig, inwieweit die Eliten aus Politik und Wirtschaft willens sind, eine Einkommens- und Vermögensumverteilung zugunsten der Schwachen durchzuführen. Der kapitalistische Markt aus sich heraus ist dazu nicht imstande. Er ist per se unsozial und degradiert die Menschen mehrheitlich zu von sich selbst entfremdeten Arbeitskräften, die entweder auf altruistische Wohltaten der Kapitaleigner oder auf die Sozialpolitik der Regierung angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Ein schönes Beispiel von erfolgreicher Sozialpolitik aus Sicht der Kapitaleigner ist die von Schröder und Fischer eingebrockte und von Merkel eifrig weiterverfolgte „Agenda 2010“-Politik. Was hat diese Politik den Deutschen gebracht? Es ist wahr, dass sie die Lohnkosten und damit die durchschnittlichen Lohneinkommen der deutschen Unterschicht stark gesenkt hat mit dem Ergebnis der Erhöhung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. So konnte Deutschland innerhalb Europas zum ökonomischen Hegemon aufsteigen. Aber seit Beginn der Agenda hat sich neben einem Wasserkopf von immer reicheren Menschen ein Niedriglohnsektor ausgebreitet, der schon jetzt Kinder- und Altersarmut „en masse“ produziert, der knapp drei Millionen Menschen in Arbeitslosigkeit hält und der einen steigenden Prozentsatz von jungen Menschen aus prekären Familienverhältnissen ohne genügende akademische Voraussetzungen zu Lehre und Studium in die Erwachsenenwelt entlässt. Entfremdete Arbeit, steigende Armut und materielles Elend eines bedeutenden Teils einer Gesellschaft, die die Starken belohnt und die Schwachen mit Ängsten, Entfremdung und Depressionen bestraft, kennzeichnen eine unfreie, kranke Gesellschaft, eine Gesellschaft, die die Menschenwürde verachtet. Politische Freiheit ist eine Sache; die Freiheit, über die materiellen Lebensbedingungen mitbestimmen zu können, ist die andere Seite der Medaille. Dieser zweite Teil der universalen Menschenrechte, nämlich die wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechte, die ebenfalls laut Grundgesetz vom Bürger einklagbar sind, wird von der Berliner Politik geflissentlich übersehen.

Wie also müsste eine humanistische Politik in Deutschland aussehen?

Wie bereits betont, stellt eine humanistische Politik das Wohl des Menschen in den Mittelpunkt politischen Handelns. Das sollte unter direkter Beteiligung aller Menschen auf zweierlei Art erfolgen:

a) Durch Zurverfügungstellung öffentlicher sozialer Dienste sowie

b) durch Zurverfügungstellung eines angemessenen Einkommens für alle Menschen des Gemeinwesens und eines ausreichenden Angebots menschenwürdiger, nicht-entfremdeter, selbstbestimmter Arbeit, das das Arbeitsangebot der Kapitaleigner ergänzt.

Zu a) Öffentliche soziale Dienste

Ich werde bezüglich des freien, nicht-diskriminierenden Zutritts zu öffentlichen sozialen Diensten hier nur kurz auf die folgenden vier Dienste hinweisen, die mir für Deutschlands Zukunft wesentlich erscheinen und für die im Staatshaushalt ausreichende Mittel vorgesehen werden müssen:

(i) Bildung und Berufs-Ausbildung

Unentgeltliche Zurverfügungstellung von Bildung und Berufs-Ausbildung für alle Bürgerinnen und Bürger (mit und ohne Migrationshintergrund) ist einerseits Grundrecht und ihre Nutzung ist andererseits Grundpflicht. Ein „gesundes“ Gemeinwesen, in dem jeder Mensch sein Leben im Verbund mit der Gemeinschaft frei und würdig nach seinen Fähigkeiten gestalten kann, braucht einen gemeinsam getragenen Grundstock von Wissen, Ausbildung und Werten. Deshalb ist der Staat verpflichtet, die im gesellschaftlichen Konsens erarbeiteten Grund-Inhalte von Bildung, Berufs-Ausbildung und gesellschaftlichen Werten als allgemein verbindliche zu übermitteln und zu lehren. Darüberhinausgehende Inhalte von Dritter Seite, seien sie von Individuen oder sozialen Gruppen formuliert, sollten insoweit toleriert werden, wie sie den universalen Menschenrechten und einer allseits anerkannten Ethik nicht zuwiderlaufen. Tun sie das jedoch, ist die Übermittlung dieser Inhalte zu untersagen.

(ii) Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsversorgung

Ebenso wie bestmögliche Bildung und Ausbildung ist bestmögliche Gesundheit für jeden Menschen eine Grundvoraussetzung für würdiges Leben und ist durch den Staat unentgeltlich und in nicht-diskriminierender Weise bereitzustellen. Ein hoher Gesundheitsstandard eines Volkes ist nicht nur ethisches Gebot, er ist auch ökonomisch sinnvoll. Wie Bildung und Ausbildung darf Gesundheit keine Frage des Geldbeutels sein. Schäubles „Schwarze Haushalts-Null“ hat in Deutschland für eine erschreckende Kürzung von Gesundheitsdiensten gesorgt. Krankenhäuser werden wegrationalisiert, Personal knapp gehalten und vor allem Menschen mit geringem Einkommen bedeutend schlechter versorgt als Privatpatienten. Wenn auch nicht in gleichem Umfang wie in südeuropäischen Ländern, wo das Haushaltsdiktat von Merkel und Schäuble für dramatische Einsparungen im Bildungs- und Gesundheitssektor mit entsprechenden negativen Folgen gesorgt hat, werden in Deutschland öffentliche soziale Dienste ebenfalls gekürzt mit der Aufforderung, diese Dienste durch private Vorsorge zu ergänzen. Das fällt den Habenden der Gesellschaft (Mittel- und Oberschicht) weniger schwer, die Habenichtse und Verlierer in der Gesellschaft (Unterschicht/Niedriglohnsektor) hingegen gucken durch die Röhre und haben sich mit kürzerer Lebenserwartung abzufinden. Ein neuer Bundestag hat dieser menschenunwürdigen Politik durch massive Aufstockung des Gesundheitsetats ein sofortiges Ende zu bereiten.

(iii) Öffentlich geförderte Technologie, Forschung und Kunst

Diese drei Bereiche eines Landes, Technologie, Forschung und Kunst, sind mitentscheidend für die Zukunftsaussichten eines Landes. Sie dürfen nicht primär der Förderung durch den Privaten Sektor überlassen bleiben. Sie sollten allen Individuen und Bevölkerungsschichten  ausnahmslos und in nicht-diskriminierender Weise zur Verfügung stehen, um das „Humankapital“, d. h. die Gesamtheit der Fähigkeiten eines Volkes, voll auszuschöpfen, um die Wohlfahrt des Gemeinwesens zu mehren und um zur persönlichen Lebensbefriedigung des Einzelnen beizutragen. Neben der Förderung von öffentlichen Einrichtungen in diesen drei Sektoren müssen auch private Initiativen, die über wenig oder gar kein Kapital verfügen, vom Staat großzügig gefördert werden.    

(iv) Transport und Verkehr

Deutschland ist Auto-Staat. Ein eigenes Auto ist des Deutschen liebstes Kind. Nun, da es dem Bürger und auch der Automobilindustrie langsam dämmert, dass aus Gründen des Klima-Schutzes der Elektromotor den Verbrennungsmotor ersetzen sollte, wird das E-Auto steuerlich gefördert. Aber die Frage müsste doch sein: Brauchen die Menschen überhaupt ein eigenes Auto, um sich von A nach B zu bewegen, um sich frei zu fühlen, dem Arbeitsstress und vielerlei Sorgen zu entfliehen? Muss die Ressourcen-Verschwendung der Deutschen durch persönlichen Autobesitz ungehindert weitergehen und werden sieben, zukünftig acht, neun Milliarden Menschen auf der Erde das Beispiel des Deutschen nachahmen, da sie ja gleiche Rechte haben? Werden die Menschen auf der Erde dann durch Plünderung begrenzter mineralischer und pflanzlicher Ressourcen einem kollektiven Suizid entgegensteuern? Ich meine, Deutschland sollte analog zum Atomenergie-Ausstieg den Auto-Ausstieg beginnen. Das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit, bzw. Mobilität, darf nicht gleichgesetzt werden mit einem Grundrecht auf persönlichen Autobesitz, wenn damit die menschheitsgefährdende Ausbeutung von sich nicht regenerierenden Rohstoffen verbunden ist. Bewegungsfreiheit kann und muss für alle Menschen garantiert werden. Jedoch ist die Realisierung dieses Grundrechtes auch ohne persönlichen Autobesitz möglich. Forderung an die Politik sollte sein, nachhaltigen Transport und Verkehr für den Bürger durch öffentliche und private Transportmittel zu garantieren, die den weltweiten Ressourcen-Verschleiß minimieren. Die Schiene, der elektrische Bus, das elektrische Taxi und das Fahrrad können gemeinsam die Bewegungsfreiheit/Mobilität des Einzelnen sicherstellen. Deutschland sollte als erstes Land den Einstieg vom Ausstieg aus persönlichem Autobesitz wagen. Bürger ohne eigenes Auto könnten steuerlich begünstigt werden; der öffentliche und private E-Verkehr ist auszubauen; zukünftige Bundestagsabgeordnete könnten als Nicht-Autobesitzer beispielhaft vorangehen und mit dem Fahrrad zum Bundestag radeln. Man komme nicht mit dem Argument, die Autoindustrie und die Zulieferindustrie seien das Herzstück der deutschen Wirtschaft und Hunderttausende von Arbeitsstellen müssten gesichert werden. Es gibt zu Hauf menschlichere Alternativen zu den Arbeitsplätzen in der Autoindustrie. Die fossilen Brennstoffe hatten ihre Hohe Zeit, die glücklicherweise im Begriff ist überwunden zu werden, ähnlich wie auch die der Atomkraft. Dem Auto wird ein analoges Schicksal nicht erspart bleiben.           

Zu b) Grundrecht auf angemessenes Einkommen und Arbeit für alle Bürgerinnen und Bürger

Leider sind diese universalen Grundrechte in der deutschen kapitalistischen Gesellschaft von den Regierenden weit weniger berücksichtigt als die politische Freiheit. Doch der umfassende Freiheitsbegriff und eine humanistische Gesellschaft verlieren nur dann ihren reinen Wunschcharakter, wenn würdige materielle Lebensbedingungen und das Recht auf Arbeit verwirklicht sind. Es sollten einmal umfassende Umfragen von Menschen aus allen sozialen Schichten durchgeführt werden mit der Frage, ob sie sich in Deutschland frei und selbstverwirklicht fühlen. Zumindest für die Unterschicht (Niedriglohnsektor) und große Teile der Mittelschicht wird die Antwort mit Sicherheit negativ ausfallen. Sie wird auch in etwa mit den Prozentsätzen der AfD und der Nichtwähler korrelieren und wird beständig ansteigen. Zu einer humanistischen Politik sind weder die Altparteien noch die AfD imstande, da sie nach wie vor auf das Paradigma der kapitalistischen „Sozialen Marktwirtschaft“ eingeschworen sind. Doch die Zeit des Zöpfe-Abschneidens ist gekommen. Ein „würdiges“ materielles Lebensniveau und die Verwirklichung des Rechtes auf „würdige“ Arbeit für Alle ist das Gebot der Stunde. Dafür gilt es den neuen Bundestag mobil zu machen. Was in diesem Fall das humanistische Ideal der „Würde“ anbelangt, so wird das im Zusammenhang mit der geforderten Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) und der Solidar-Wirtschaft (SW) beschrieben.   

(i) Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE)

Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE), als staatliche Transferzahlung, d. h. ohne Gegenleistung, an alle Bürgerinnen und Bürger sollte unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Einzelnen für ein ausreichendes, würdiges Lebensniveau sorgen. Das BGE würde dabei die bisherigen unterschiedlichen Sozialleistungen ersetzen und sie in einer einzigen Zahlung bündeln. Seine Realisierung würde mit einem Schlag nicht nur eine riesige Sozialbürokratie ersetzen, sondern vor allem, wenn das BGE bei mindestens 1.100 Euro pro Erwachsenen pro Monat läge, aktuell beschämende Alters- und Kinderarmut, Arbeitslosigkeit und sonstige materiell prekäre Situationen und die damit verbundenen Stigmatisierungen, Ängste und psychologischen Effekte beseitigen helfen. Ein BGE hätte nicht nur positive Wirkung für Menschen im Niedriglohnsektor sondern allgemein für alle Lohnabhängigen, die potenziell von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Die Ängste davor würden abgebaut. Das Selbstbewusstsein der Arbeitnehmer würde gestärkt, da sie nicht in ein bedrohendes materielles Loch fallen und ihnen die Chance eröffnet wird, neue, nützliche und selbstbestimmte Arbeit aufzunehmen. Idealerweise wird die Einführung des BGE mit dem Einstieg in die Solidar-Wirtschaft verbunden, wozu ich weiter unten kommen werde. Über die Ausgestaltung des BGE und seine konkrete Einführung in Deutschland, Europa und in anderen Teilen der Welt wird seit Langem intensiv diskutiert. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis in Deutschland das BGE eingeführt wird. Die derzeitige hiesige Verarmung und immer kompliziertere Sozialgesetzgebung zwingt geradezu, erste Modelle von BGE bspw. in einzelnen Regionen auszutesten. Es wird zu Beginn ein Gezerre wie beim Mindestlohn besonders um die Höhe des BGE geben. Aber schließlich wird auch die Unternehmerseite und die Union um die schrittweise Einführung des BGE nicht herumkommen, sehen sie doch darin, wenn auch mit weinendem Auge, die Möglichkeit einer Stabilisierung des kapitalistischen Systems der „Sozialen Marktwirtschaft“. Das wird nicht ohne Steuererhöhungen abgehen (entweder über Konsum- oder/Einkommenssteuern). Wer diese letztendlich zu zahlen hat, hängt von den politischen Kräfteverhältnissen ab.  

 

Die Kritiker des BGE führen als Hauptgrund für ihre Ablehnung an, dass das BGE zum Faulsein anregen würde und mit dem Prinzip und dem Hohen Lied der „Leistungsbereitschaft“ nicht zu vereinen sei. Deutschland könnte sich zu einem Paradies der Faulpelze und Sozialschmarotzer entwickeln. Ich meine, das Gegenteil wird der Fall sein. Die Masse derjenigen, die aktuell im Niedriglohnsektor und auch in der unteren Mittelschicht beheimatet sind, werden sich ermutigt fühlen, angstfrei und kreativ nützliche und selbstbestimmte Tätigkeiten aufzunehmen, um das persönlich verfügbare Einkommen über das BGE hinaus zu steigern. Oder sie würden sich ermutigt fühlen endlich einmal in ihrem Leben Dinge zu tun, die ihren besonderen Fähigkeiten entsprechen. Unabhängige BT-Abgeordnete  sollten sich bereit erklären, im neuen Bundestag die ersten Versuche der Einführung des BGE in ihren Wahlkreisen zu propagieren und dabei auch unterschiedliche Ansätze verfolgen, die mit den jeweiligen Bevölkerungen im Konsens abgesprochen werden müssten. Die Zeit ist reif für erste Erfahrungen in der Einführung eines BGEs.   

 

(ii) Solidar-Wirtschaft

Zunächst eine Begriffsbestimmung der SOLIDAR-Wirtschaft:

Solidar-Wirtschaft oder auch Solidarische Ökonomie oder Gemeinwirtschaft wird weltweit immer mehr zur Alternative gegenüber den menschenverachtenden Gesellschaftsformen des Kapitalismus und real existierenden Sozialismus/Kommunismus. Generell steht diese Wirtschaftsform unter dem von Karl Marx 1875 formulierten Motto „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“. Das aber mit dem zur Marxschen Auffassung entscheidenden Unterschied, dass dieses für die Menschheit zu erreichende Ziel nicht durch eine selbst ernannte Elite/Avantgarde/Einheitspartei zwanghaft von oben her den Menschen aufgedrückt wird, sondern von diesen in freier Entscheidung und Selbstbestimmung je nach kulturellen, geografischen und umweltbedingten Gegebenheiten in Schritten entwickelt wird.

Die Solidar-Wirtschaft stellt den Menschen in den Mittelpunkt des Wirtschaftens. Sie ist nicht nur sozialer als Kapitalismus und Sozialismus, sondern auch ökonomischer und versucht die Freiheit des Menschen im politischen Raum wie auch im Produktionsprozess zu realisieren. Sie nutzt die Initiative, Kreativität und Freiheit des Einzelnen in Solidarität mit dem Nächsten aus und strebt in solcher Weise nach einem würdigen und erfüllten Leben aller Mitglieder der Gemeinschaft. Egoismus findet seine Grenze in der horizontalen Gemeinschaft, in der jeder seine spezifischen Fähigkeiten dem Produktionsprozess zur Verfügung stellt und seine Bedürfnisse dem Gesamteinkommen entsprechend befriedigt. Die Solidar-Wirtschaft funktioniert überall, wo Menschen ihre Heimat haben und gewillt sind, ihre menschlichen und natürlichen Ressourcen zur Lebensgestaltung adäquat auszunutzen. Das bedeutet, sie funktioniert auch dann und dort, wenn und wo die vertikalen Gesellschaftssysteme des Kapitalismus und Sozialismus mit ihren jeweiligen entscheidenden Eliten keine Verwertung sehen.

Die sechs wichtigsten Prinzipien der Solidar-Wirtschaft sind (sinngemäß von mir aus der „Carta de Princípios de la Economía Solidaria“ übersetzt):

(i) Prinzip der Gleichheit

 

Dieses fundamentale ethische Prinzip fordert für alle Menschen, ungeachtet ihres sozialen Status, Geschlechtes, Alters, ethnischer Herkunft, geistiger, physischer, psychischer Fähigkeiten, usw. ein würdiges Leben ohne Herrschaftsformen unterworfen zu sein.

 

(ii). Prinzip der Arbeit

 

Arbeit im umfassenden Sinn ist die Grundlage für Lebensqualität von Einzelpersonen, der Gemeinde, der Nation und der Staaten untereinander. Aus diesem Grund muss die Arbeit ihre ursprüngliche menschliche, soziale, politische, ökonomische und kulturelle Dimension zurückgewinnen, um einerseits den Fähigkeiten der Menschen volle Geltung zu verschaffen und andererseits ihren Bedürfnissen adäquat Rechnung zu tragen. Arbeit ist weit mehr als Beschäftigung, sie ist Selbstverwirklichung. Ganz besonders ist Arbeit als Dienst am Nächsten (Alte, Kinder, Kranke) im Haushalt und in der Gemeinde zu schützen.

 

(iii) Prinzip der Nachhaltigkeit im Umgang mit der uns umgebenden Natur

 

Der Mensch ist nicht Herr der Natur, sondern richtet seine Arbeit in Allianz mit der Natur aus zum beiderseitigen harmonischen Fortbestehen. Das bedeutet für den Menschen nach Lebensformen zu streben, die nachhaltig sowie einer Ethik der gerechten Bedürfnisbefriedigung aller Menschen unter Vermeidung von Überfluss verschrieben sind.

 

(iv) Prinzip der Kooperation

 

Das Verhältnis der Menschen untereinander sollte durch Kooperation und nicht durch Wettbewerb gekennzeichnet sein. Wesentlich sind gleichgewichtige Austauschbeziehungen, gegenseitiges Vertrauen, gemeinsam getragene Verantwortung, Transparenz und gegenseitiger Respekt. Solidar-Wirtschaft strebt Ausbildungsförderung, gemeinsame Arbeit zwischen Personen und Organisationen an sowie die gemeinsame Entscheidungsbildung mit geteilten Verantwortlichkeiten in horizontalen Strukturen bei Achtung der Autonomie der Teilnehmer.

 

(v) Prinzip der Gemeinnützigkeit (nicht gewinnorientiert)

 

Solidar-Wirtschaft zielt auf eine integrale Entwicklung ab, die kollektive wie individuelle Bedürfnisse durch ökonomisch sinnvolle und effiziente, effektive, rentable und nachhaltige Projekte zu verwirklichen sucht. Dabei werden Überschüsse umverteilt bzw. reinvestiert. Nicht gewinnorientiert will dabei heißen, dass neben ökonomischen Aspekten die humanen, sozialen, umweltverträglichen, kulturellen und partizipativen Aspekte ausschlaggebend für einen integralen Nutzen sind. Endziel des Wirtschaftens ist die Entwicklung eines Modells, das humaner ist als der Kapitalismus und auf Solidarität und Gleichwertigkeit unter den Menschen gründet.

 

(vi) Prinzip der Verantwortlichkeit gegenüber der gesellschaftlichen Umwelt

 

Solidar-Wirtschaft beginnt mit der Teilhabe an lokaler nachhaltiger Entwicklung auf dem Gebiet der Gemeinde. Die verschiedenen teilnehmenden Organisationen und Projekte sind im lokalen Territorium netzartig integriert und ergänzen sich gegenseitig. Für die ortsansässige Bevölkerung soll die Solidar-Wirtschaft Modellcharakter besitzen und für ein Wirtschaften ohne Exklusion, Herrschaft und Ungleichheit ermutigen. Eine Zusammenarbeit von Initiativen verschiedener Gemeinden in einer Region sollte die Perspektive für regionale Solidar-Wirtschaft und schließlich überregionale erweitern.

 

Was könnten die ersten Schritte sein, um den Einstieg in die Solidar-Wirtschaft in Deutschland auch als „ideale“ Ergänzung zum BGE konkret zu machen?

 

Zuerst einmal sollten die unabhängigen Abgeordneten im BT einen großzügigen Kredit-Fonds für die Förderung der Solidar-Wirtschaft einfordern. Er könnte von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) verwaltet werden unter Aufsicht unabhängiger anerkannter Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft. Dieser niedrigverzinsliche, eventuell auch „verlorene“ Kreditfonds, stünde speziell dem Niedriglohnsektor, insbesondere Arbeitslosen, HartzIVlern, Leiharbeitern, etc. zur Verfügung, um mit Unterstützung von Fachleuten Projektideen zu entwickeln, die in erster Linie lokale/regionale Dienste aller Art und/oder die nachhaltige Nutzung von lokalen/regionalen natürlichen Ressourcen zum Inhalt haben (das sollte in arbeitsintensiver, selbstverwalteter und –bestimmter Betriebsform in den Bereichen ökologische Landwirtschaft/Forstwirtschaft, Handwerk sowie Klein- und Mittelbetriebe geschehen). Ziel ist dabei die Erhöhung der Lebensqualität im „Kleinen“ Raum und die Steigerung der Wertschöpfung dieses Raumes sowie die schrittweise Substitution von importierten Massen-Gütern und Diensten. Sinnvoll ist es auch, Projekte in den Bereichen der Technologie/Forschung und der Kunst zu fördern.

 

Im zweiten Schritt müssten sich in den Regionen parteiunabhängige Vereinigungen zur Förderung der Solidar-Wirtschaft bilden, die Anlaufstelle für die potentiellen Kreditnehmer sind (Dazu zählen Menschen aus dem Niedriglohnsektor und andere Interessierte mit kreativen Ideen, die aus bisheriger entfremdeter Arbeit aussteigen wollen) und die mit den örtlichen Angestellten der KfW die lokale Verantwortung für die Vergabe der Kredite haben. Ganz wichtig auf lokaler/regionaler Ebene ist, dass diese Vereinigungen frei und unabhängig von dem örtlichen Parteifilz agieren und der strikten Kontrolle der lokalen Zivilgesellschaft unterworfen sind.   

 

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Solidarwirtschaft anfangs in den Nischen der kapitalistischen Wirtschaft gedeiht, da wo Kapitaleigner keine oder geringe Verwertung ihres Kapitals sehen, d. h. besonders im lokalen Raum, in Nischen von kapitalistischer Massenproduktion oder in zukunftsweisenden, umweltschonenden Technologien und Produkten sowie in sozialen Diensten. Mittel- und langfristig sollte die Solidar-Wirtschaft die unmenschliche kapitalistische Wirtschaft wie auch eine bürokratisch sozialistische Wirtschaft als herrschendes Gesellschaftssystem ablösen.            

 

Abschließende Bemerkung über parteien-unabhängige Abgeordnete im Bundestag, die sich zu humanistischem politischen Handeln bekennen: Sie sollten aus unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft kommen, langjährige Berufserfahrungen mitbringen, keine Karriere als Berufspolitiker anstreben; sie sollten unabhängige Bürger sein, die sich temporär in die Politik einmischen, die sich dem Wohl ihrer Wählerschaft verschreiben und sich mit dieser identifizieren. Humanistisches politisches Handeln ist unvereinbar mit der primären Verfolgung von Eigennutz und der Unterstützung von Machtstreben politischer Parteien. Humanistisches politisches Handeln ist jedoch vereinbar mit dem Machtstreben der Zivilgesellschaft als Ganzer gegenüber partikularen Parteiinteressen.   

 

4. Was heißt der Umwelt verpflichtet?

Politisches Handeln ist dann der Umwelt verpflichtet, wenn die weltweite Nutzung endlicher natürlicher Ressourcen nicht das Leben zukünftiger Generationen infrage stellt, sondern wenn Mensch und Natur einen Pakt zu beiderseitigem harmonischen Fortbestehen eingehen. Für den Menschen bedeutet das konkret, einer Ethik zu folgen, die eine gerechte Bedürfnisbefriedigung aller Menschen anstrebt unter Vermeidung von Überfluss.

Seit Beginn des industriellen Zeitalters und dem Siegeszug der kapitalistischen Wirtschaftsordnung schwingt sich der Mensch durch Massenproduktion von Gütern und Diensten in entfremdeten, von Kapitaleignern einseitig bestimmten Arbeits- und Produktionsverhältnissen zunehmend zum Herrn gegenüber der Natur auf. Kapitaleigner und die ihnen hörige Politik, auch im Bundestag prominent vertreten, haben in gemeinsamer  unersättlicher Gier nach Reichtum und Macht einen regelrechten Krieg gegen die Natur angezettelt und den Menschen zum Arbeitssklaven einerseits und zum unkritischen Konsumenten andererseits degradiert.

Als ich zu Beginn der 80er Jahre mit einigen afrikanischen Stipendiaten, die ich vorher in ihrem Heimatland in Grundlagen der Ökonomie unterrichtete, zum ersten Mal die bevorzugte Heidelberger Flaniermeile, die Hauptstraße, besuchte, entfuhr es ihnen prompt: „Jetzt wissen wir endlich, was Konsumterror ist.“ Wir hatten in ihrer Heimat die neokolonialistische Ausbeutung der natürlichen Ressourcen durch Deutschland und westliche Länder, oftmals möglich gemacht durch offene Bestechung der Chefs der jeweils regierenden Ethnien, besprochen und die dadurch ermöglichte „Soziale Marktwirtschaft“, die dem deutschen Staat das damals großzügige Auswerfen sozialer Netze für die deutsche Bevölkerung erlaubte, wie auch den Konsumreichtum auf Kosten der Armut in Ländern der Peripherie angeprangert. Nun sahen sie erstmalig mit eigenen Augen, wie Ressourcenausbeutung in ihren Ländern den Menschen in den Metropolen einen Konsum im Überfluss bescherte. Bis zum heutigen Tage sind die westlichen Überflussgesellschaften dank des ungezügelten Ausbeutungssystems natürlicher Ressourcen in absurde, die Menschheit bedrohende Größenordnungen vorgestoßen.       

Die Folgen dieser von Deutschland, den westlichen Industrieländern insgesamt, aber auch von China und anderen Schwellenländern betriebene Ressourcenausbeutung auf dem gesamten Globus sind für jedermann sichtbar: Klimawandel mit den dadurch verursachten Katastrophen, Tschernobyl, Fukushima und die Folgen weltweit betriebener Atom-Politik, Luftverschmutzung in Ballungszentren, Wasser- und Luftverschmutzung überall dort, wo mineralische Ressourcen ausgebeutet werden, die zur Herstellung von Massenware für die 15% reichsten Bevölkerungen auf dem Globus genutzt werden (Was passiert, wenn die übrige Menschheit gleiche Rechte auf Konsum für sich einfordert?), fortschreitende Abholzungen und Vernichtung genetischer Ressourcen in tropischen Wäldern, usw. usf. Es scheint, die Hybris der Kapitalistenklasse und ihrer willfährigen Staatenlenker kenne keine Grenzen sondern nur das Weiterso bis zum bitteren Ende der Menschheit und ihrer Heimat, der Mutter Erde.

Was ist angesichts dieser katastrophalen Umweltsituation zu tun?

Gewiss, Deutschland hat einige wegweisende Schritte getan, wie z. B. die Energiewende und den Ausstieg aus der Atomkraft sowie die allmähliche Ersetzung fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien. Auch ist das Recycling von Konsumgütern und die Wiederaufbereitung von Wasser inzwischen gang und gäbe. Auf der anderen Seite wird die Nutzungsdauer von Konsumgütern künstlich verkürzt, Einwegprodukte sind auf dem Vormarsch. Der mündige Bürger wird zum gehirngewaschenen Konsumenten, angestachelt durch Werbung ohne Ende. Die Regierung ist stolz auf internationale Messen und Produkte „made in Germany“, Regierungsvertreter fahren in luxuriösen Autos vor. Dass der dadurch angefachte wahnsinnige Konsumrausch einen enormen Ressourcenverbrauch bedeutet und in zahlreichen peripheren Ländern Katastrophen größten Ausmaßes hervorruft, wollen deutsche Politiker weniger wahrhaben, es sei denn, sie befürworten Weltbankkredite an Rohstoff exportierende Länder, damit die von den reichen Ländern und ihren transnationalen Unternehmen verursachten Umweltschäden beseitigt werden können. Die Kreditrückzahlung geht dabei selbstverständlich auf Kosten der armen Bevölkerung dieser Länder.

Prioritäre politische Maßnahmen im Umweltbereich neben den bereits von der deutschen  Regierung initiierten sollten sein:

a) Im Innern

(i) Am wichtigsten sind hier die vorbeugenden Maßnahmen zu nennen:

- Aufnahme der Umweltproblematik als Pflichtfach im Unterricht, von der Grundschule bis zum Abitur, um ein allgemeines Umweltbewusstsein schon im Kindes- und Jugendalter zu fördern. Ein solches Pflichtfach könnte mit einem Pflichtfach Ethik zusammengelegt werden.

- Auf eine Veränderung des Konsumverhaltens der Bürger hinwirken. Das sollte unter Beteiligung und Förderung zivilgesellschaftlicher NROs geschehen, die im Verein mit Verbraucherschutzorganisationen für die wichtigsten Konsumgüter Broschüren und Filmmaterial erarbeiten, die bspw. die Ressourcenverschwendung von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Fertigware in allen ihren Auswirkungen für Mensch und Natur dokumentieren. So sollte etwa beim Kauf eines jeden Autos der Konsument neben der Gebrauchsanweisung eine Broschüre erhalten, die den Impact auf Natur und Mensch in den jeweiligen Produktionsstufen erklärt. Das sollte für alle hochwertigen Konsumgüter (Haushaltsgeräte, elektronische Geräte, Computer, I-Phones, u. ä.) in gleicher Weise gelten. Der Konsument muss bei seinen Kaufentscheidungen informiert werden, was er/sie der Umwelt zumutet. Wie bereits erwähnt, wäre das Abstandnehmen vom Besitz eines privaten KfZs mit Steuererleichterungen zu fördern. Das Informationsmaterial ist auch für die wichtigsten importierten wie heimischen Lebensmittel zu erarbeiten, inklusive ihrer Wirkung auf die Gesundheit.

- Die bereits bestehenden Forschungs-Institute (inkl. Universitäten), die sich mit der Umweltproblematik (Wasser, Meere/Ozeane, Luft, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Energie, industrielle Produktionsprozesse u. ä.) beschäftigen, sind großzügig mit öffentlichen Mitteln zu fördern.  

- Darüber hinaus sollte ein Deutsches Institut für Biodiversität gegründet werden, das sich um die Erhaltung und Nutzung der heimischen genetischen Vielfalt kümmert. Dieses hätte darüber hinaus auch die Aufgabe, durch von der Industrie unabhängige Forschung die Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln, Düngemitteln und Genmanipulation auf Wasser, Boden, Fauna und Flora zu untersuchen.       

(ii) Korrektiv-Maßnahmen

- Subventionierung von ökologischer Landwirtschaft im Zusammenhang mit dem Zurückdrängen von Monokulturen und Massentierhaltung mit dem Ziel, die Diversität in Landwirtschaft und Forstwirtschaft in ländlichen Räumen wiederherzustellen. So wie Erneuerbare Energien gefördert wurden, sollte ebenfalls die nachhaltige Nutzung und Verarbeitung örtlicher natürlicher Ressourcen in arbeitsintensiven Prozessen gefördert werden, um den Import von Massenware in die Region zu verringern.  

- Ausweitung von Naturschutz- und Wassereinzugsgebieten um die Diversität von heimischer Flora (u. a. Heilpflanzen) und Fauna wiederherzustellen bzw. auszuweiten und die Trinkwasserversorgung sicherzustellen.  

b) Nach Außen

Prinzipiell sind im Zusammenwirken mit der EU, zusätzlich zur bisherigen Förderung durch die Bundesregierung und die EU (internationale Abkommen), die gleichen Politikfelder in der internationalen Zusammenarbeit zu fördern, die unter a) als vorbeugende und korrektive beschrieben wurden. Dabei sind besonders zwei zu fördernde Maßnahmen hervorzuheben:

(i) Die Errichtung eines Welt-Forschungszentrums für Biodiversität im Herzen des Amazonasgebietes (Iquitos/Peru). Das Amazonasbecken sowie die angrenzende Andenregion besitzen die reichsten, für das Überleben der Menschheit zu nutzenden biologischen Ressourcen weltweit (im Hinblick auf Biotechnologie, Medizin, Landwirtschaft/Forstwirtschaft, Ernährung, Kosmetik u. a.). Sollte diese Großregion, die die meisten südamerikanischen Länder einbegreift, im gleichen Rhythmus wie bisher der Zerstörung durch internationale Petroleum- und Minenkonsortien, monokulturelle Landwirtschaft, Holzeinschlag und illegaler Raub von Wissen über Heilpflanzen indigener Völker anheimgegeben bleiben, werden der Menschheit nicht nur unkalkulierbare negative Klimafolgen aufgebürdet, sondern es wird in wenigen Jahrzehnten ein unschätzbarer Ressourcenreichtum verspielt. Bereits im Jahr 2000 hat Peru versucht, die EU für eine solche Idee zu gewinnen. Leider vergebens. Grüne Europapolitiker wandelten derzeit übereifrig in internationalen Konferenzen umher und hatten lediglich das Kyoto-Abkommen im Kopf. Von anderen Parteien, der Bundesregierung und der EU-Kommission ist besser ganz zu schweigen. Heute aber sollten unabhängige BT-Abgeordnete dieses wichtige Umweltprojekt, von dem alle Menschen auf dem Globus profitieren würden, auf die Tagesordnung setzen.

(ii) Transnationale Unternehmen zur Ausbeutung mineralischer und pflanzlicher Ressourcen haben in peripheren Ländern ungeheure bleibende Umweltschäden hinterlassen. Diese Ressourcen wurden in großen Mengen auch zur Herstellung und Nutzung von Fertigwaren in Deutschland sowie zum anschließenden Export in die Welt genutzt. Die deutsche Industrie und auch der deutsche Staat haben die Verantwortung, im Verein mit anderen Staaten, die von diesen Rohstoffen profitierten, für die teilweise Beseitigung dieser Umweltschäden aufzukommen, wenn die Rohstoffländer dazu nicht in der Lage sind. Auch der deutsche Konsument sollte sich dieser Verantwortung bewusst werden. Schließlich gründet sein hoher Lebensstandard mit der Nutzung zahlreicher hochwertiger Konsumgüter auf der Zerstörung der Umwelt peripherer Länder und der Armut seiner Bevölkerungen. Umwelt-ethisches politisches Handeln gebietet, einen internationalen Fonds für die Beseitigung dieser Umweltschäden in peripheren Ländern zu etablieren, deren Finanzierung im Rahmen der UN verhandelt werden sollte. Deutsche Industrie, die Bundesregierung wie auch deutsche Konsumenten sind anteilig an der Finanzierung eines solchen Fonds zu beteiligen. Das gilt für die übrigen Industrieländer aber auch für die Schwellenländer gleichermaßen.          

5. Was heißt weltoffen?

Weltoffen sein heißt, die Menschheit insgesamt als den Einen Menschen in all seiner Verschiedenheit zu begreifen und dem Fremden mit Toleranz, Respekt vor seinem kulturellen Erbe und gegenseitiger Hilfe zu begegnen, ohne auf das Recht und die Pflege des eigenen kulturellen Erbes in der angestammten Heimat zu verzichten. Weltoffenheit und Weltbürgertum kennen keine absoluten Wahrheiten, kennen keine Superiorität und Herrschaftsansprüche unter den Kulturen sondern zeichnen sich durch das Bemühen aus, die einzigartige kulturelle Diversität unter den Menschen zu schützen und sie für ein friedvolles Einvernehmen und die Fortentwicklung der Menschheit zu nutzen. Weltoffenheit schließt jedoch Toleranz gegenüber religiösem und weltanschaulichem Fundamentalismus aus, der die universalen Menschenrechte leugnet sowie Nationalismus, Fremdenhass, Superioritätsdenken und Diskriminierung des Fremden propagiert.  

Bis auf hier und da aufflackernde nationalistische und xenophobe Tendenzen im Zusammenhang mit dem Auftreten von NPD und anderen Neonazis wurde in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ein gesellschaftlicher Konsens für selbstverständlich angenommen, der das menschenfeindliche Weltbild des Faschismus und eines übersteigerten Nationalismus als weitgehend überwunden ansah. Die deutsche Zivilgesellschaft schien mehrheitlich weltoffen zu sein, wozu

- die Integration Deutschlands innerhalb der EU,

- die Entwicklung Deutschlands zum Exportweltmeister, der seine wirtschaftliche Macht und sein hohes Durchschnittseinkommen, d. h. auch seine „Soziale Marktwirtschaft“, dem Austausch von Gütern und Diensten in einer globalisierten Wirtschaft sowie der Arbeit von Millionen von „Gastarbeitern“ verdankte, und

- der deutsche Massentourismus in alle Welt

beigetragen und so die letzten noch verbliebenden Ressentiments gegenüber dem Fremden aus der Zeit des Dritten Reiches beseitigt haben müsste. Das möchte man meinen. Doch dieser Traum von deutscher Weltoffenheit, der seit Beginn der Aufklärung vor 250 Jahren und der Erklärung und Anerkennung der universalen Menschenrechte durch die UN nach dem Zweiten Weltkrieg endlich erreicht schien, begann sich nach der Wiedervereinigung und besonders nach der Einführung der Agenda 2010 wieder in Luft aufzulösen.

Wie kann es sein, dass geschätzte 20% bis 25% der deutschen Bevölkerung heute wieder latent oder unverhohlen für nationalistische und fremdenfeindliche sowie selbst für faschistische Parolen und entsprechendes Handeln empfänglich sind? Kann es sein, dass dieser hohe Prozentsatz an Ausländerfeindlichkeit seit Gründung der beiden deutschen Staaten inmitten der beiden Zivilgesellschaften stets unter der Oberfläche vorhanden war, jedoch das offene Eintreten für Xenophobie vonseiten der Regierungen und der Mehrheit der Öffentlichkeit sanktioniert wurde? Ich meine, dass Xenophobie, d. h. Fremdenfeindlichkeit sowie Ausländerhass erstens in vielen Elternhäusern in der Nachkriegszeit weiterhin vorherrschte und der Nachkriegsgeneration „vererbt“ wurde, dass zweitens die Sozialpolitik, besonders die Agenda 2010, einen großen Prozentsatz von Niedrigverdienern und „Versagern“, die oftmals nicht einmal einen Schulabschluss erreichen, sozial ausgegrenzt und deshalb für rechte Tendenzen empfänglich gemacht hat, und dass drittens eine völlig verfehlte „Integrations- und Zuwanderungs-Politik“ seit „Gastarbeiter“-Zeiten für das Entstehen von Parallelgemeinschaften gesorgt hat, die nationalistischen Demagogen dienen, um innere Feindbilder in der Zivilgesellschaft aufzubauen.

Welche Politik sollten unabhängige Abgeordnete im künftigen BT vertreten, um Weltoffenheit und Weltbürgertum als vorherrschendes Verhaltensmerkmal in der deutschen Zivilgesellschaft fest und auf Dauer zu verankern und der erneuten Ausbreitung von Menschenfeindlichkeit und Fremdenhass vorzubeugen?  

(i) Zuerst einmal muss die Angst vor dem Fremden genommen werden.

Das sollte damit beginnen, dass sich die Zivilgesellschaft mehrheitlich mit einem historisch gewachsenen Grundstock von humanistischen, aus der Aufklärung abgeleiteten Werten identifiziert, und dass dieser gesellschaftliche Grundkonsens von der Politik selbst verfolgt und verteidigt wird. Beispiel: Wenn die Jugend im Sinne einer humanistischen, der Umwelt verschriebenen Ethik erzogen wird, hat sich vor allem die Politik in ihrem Handeln im Öffentlichen Raum vorbildlich danach zu richten.

Wenn, wie es aktuell der Fall ist,

- die Politik selbst gegen diese vermittelten Werte verstößt und die Gesellschaft in Habende und Habenichtse teilt,

- ihre Seilschaften hauptsächlich auf Macht und materielle Vorteile bedacht sind,

- die Politik unfähig weil hörig ist, das teilweise unmenschliche und betrügerische Wirken der Wirtschaft zu zügeln (siehe Siemens, Deutsche Bank, Volkswagen u.v.a.m.),

- die Politik selbst ausbeuterische, paternalistische, besserwisserische Außenpolitik betreibt, andererseits als Schoßhund der USA hinterherhechelt,

dann verliert der Bürger die Achtung vor der Politik und kommt zu der Haltung: „Was die da Oben können, kann ich auch“.

Das heißt, ein neuer Bundestag und eine neue Bundesregierung müssen diesen gemeinsamen Grundstock von Werten über Bildung und Ausbildung und im öffentlichen Raum durch Beteiligung zivilgesellschaftlicher Vereinigungen, die Einheimische und Zugewanderte aktiv einbinden, festigen und verteidigen. Die bisherige Praxis, dass Politik und Wirtschaft für ihr Handeln eigene Regeln aufstellen, die mit einem humanistischen Weltbild im Streit liegen, darf vom Wähler nicht länger toleriert werden. Weiß sich aber der einheimische und der zugezogene Bürger in einem partizipativen „Sozial-Humanistischen Vertrag“ mit Politik und Wirtschaft in seinen Interessen geschützt, wird es keinen Grund von beiderseitigen Ängsten geben, da der Einheimische wie auch der Zugezogene den Wertekonsens als Mitbürger im Gemeinwesen akzeptiert. 

(ii) Was bedeutet Weltoffenheit im Zusammenleben mit kulturellen, religiösen, ethnischen und sozialen Minderheiten?

Diese Frage ist mit einer anderen eng verknüpft: Welches Gesellschafts-Modell sollte in Deutschland angestrebt werden: a) Die sogenannte „reine“ Gesellschaft (vorwiegend aus Einheimischen bestehend), b) die Gesellschaft mit Parallelgemeinschaften, c) die Gesellschaft als „Melting-Pot“ (Schmelztiegel) oder d) die Gesellschaft als „Integrierende Gemeinschaft“?

Zu a) Zuerst ist festzustellen, dass die Nationalisten im Lande (bestehend aus Mitgliedern von Pegida, AfD und Teilen der CSU/CDU) das Modell a), d. h. die „ethnisch reine“ Gesellschaft, die vorwiegend aus Menschen ohne Migrationshintergrund besteht, befürworten und sich dem Erbe des „Christlichen Abendlandes“ verpflichtet fühlen. Dazu ist zu sagen, dass auch die Menschen „ohne Migrationshintergrund“ sämtlich Migrantenvorfahren aus früheren Jahrtausenden und Jahrhunderten haben. Autochthone gibt es in „reiner“ ethnischer Form überhaupt nicht in Deutschland. Die deutsche Gesellschaft, wie sie sich nach Weltkrieg II in zwei Staaten neu konstituierte, war ein durch Wanderungen und Kriege zusammengewürfelter „Melting-Pot“ (Schmelztiegel). Das einigende Werte-Band der Menschen in beiden deutschen Staaten war die beiderseitige Anerkennung der Ergebnisse der Aufklärung und der Universalen Menschenrechte. Obwohl die Anhänger des Modells der „reinen“ Gesellschaft allesamt Deutsche mit Migrationshintergrund aus vergangenen Jahrhunderten sind und obwohl sie wissen, dass ihre Lebensbedingungen abhängig vom globalen Austausch mit der übrigen Welt sind, meinen sie, sich gegen Zuwanderern aus anderen Kulturkreisen abschotten zu müssen. Als Nationalisten wollen sie die Reichtümer der übrigen Welt genießen, aber ihre eigenen Reichtümer, die aus der Zusammenarbeit mit der übrigen Welt erwachsen sind, nicht mit dieser Welt teilen.

Was das „Christliche Abendland“ anbelangt, so hat Europa im Zuge der Aufklärung längst das mittelalterliche christliche Weltbild überwunden, hat es modernisiert und hat die Religion in die Privatsphäre der Menschen verwiesen. Die europäischen Zivilgesellschaften sind heute laizistisch und mehrheitlich tolerant ausgerichtet und haben sich dem Leitbild des Respekts vor dem Denken des Anderen verschrieben. Diese Toleranz gegenüber dem Anderen hat ihre einzige Grenze in der Unverletzbarkeit der Universalen Menschenrechte und der Anerkennung des Laizismus als gesellschaftlichen Werte-Grundstock. Unabhängige BT-Abgeordnete haben mit der beschränkten Sichtweise der Nationalisten auf die eigene Nation und ihrer Menschenfeindlichkeit gegenüber dem Fremden nichts gemein und werden ihrem politischen Handeln entschieden entgegentreten

Zu b) Deutschland und viele andere Länder auf der Erde sind segmentäre Gesellschaften, die aus historisch gewachsenen Gründen parallele Gemeinschaften ethnischer, kultureller, religiöser und sozialer Natur auf ihrem Territorium beherbergen. Solche Gemeinschaften sind, mit Ausnahme sozial benachteiligter Parallelgemeinschaften, durchaus erwünscht, da kulturelle Vielfalt einen außerordentlichen Reichtum für die Gesamtgesellschaft bedeutet, von dem alle Mitglieder der Gesellschaft Nutzen ziehen. Das gilt jedoch nur unter der Voraussetzung einer nicht-diskriminierenden, toleranten und friedvollen Gesamtgesellschaft. Deutschland hat sich nach Weltkrieg II im Gegensatz zu einer nicht-diskriminierenden Gesellschaft zu einer Gesellschaft mit parallelen Gemeinschaften entwickelt, die wegen immer stärker ausgeprägter

- sozialer Diskriminierung (Niedriglohnsektor) oder

- kultureller, ethnischer, religiöser und sozialer Diskriminierung (insbesondere türkische, muslimische Gemeinschaften) den inneren Frieden, die Toleranz und den Humanismus der Gesamtgesellschaft infrage stellen.   

Zu c) Die „Schmelztiegel-Gesellschaft“, der allumfassende „Suppentopf“, in dem die unterschiedlichen Gemeinschaften nach und nach verschwinden, ist ebenfalls charakteristisch für die Herausbildung komplexer humaner Gesellschaften. Meistens ist dieser Prozess mit der Vorgabe einer vorherrschenden Weltanschauung vonseiten einer dominanten Gemeinschaft verbunden, dem sich die anderen Gemeinschaften durch Assimilation mehr oder weniger gezwungen sehen anzugleichen. Wie erwähnt, befand sich die deutsche Gesellschaft nach Weltkrieg II in etwa in einer derartigen Situation. Als „Melting-Pot“ wurde insbesondere der gesellschaftliche Vermischungsprozess in den USA überschrieben, in dem die weiße Mehrheit ihr Weltbild und ihre Lebensart den anderen Gemeinschaften aufdrückte. Auch Tito verfolgte im Nachkriegsjugoslawien eine „Melting-Pot“-Strategie unter den verschiedenen jugoslawischen Völkern, ebenso wie die ehemalige Sowjetunion. Doch es stellt sich in der Geschichte immer wieder heraus, dass das Verschwinden humaner Diversität selbst bei Beibehaltung langfristiger Repression durch eine dominante Gemeinschaft nicht gelingt. Anschauliches Beispiel dazu ist auch das heutige China.

Zu d) Die Gesamtgesellschaft als „Integrierende Gesellschaft“ verschiedener Teilgemeinschaften (Segmente) friedvoll und im gesellschaftlichen Konsens zu gestalten, ist wohl die wichtigste Herausforderung der heutigen Zeit. Angesichts von Millionen von Flüchtlingen und Asylsuchenden in Deutschland, von noch mehr Millionen im Niedriglohnsektor und weiteren Abermillionen im sogenannten Bevölkerungssegment mit „Migrationshintergrund“ kann fortdauernde Diskriminierung, Abschottung, Abschiebung und Ausschluss einzelner Segmente der Gesamtgesellschaft nur auf Kosten von Wiederaufleben von Unmenschlichkeit und Zerstörung des Inneren Friedens gelingen, an dem der deutschen Gesellschaft nicht gelegen sein kann. Die offizielle „Integrations-Politik“ der Nachkriegszeit kannte als ausschließlichen Inhalt des Integrations-Begriffes nur die Inklusion im Sinne von Ausnutzung der verschiedenen einheimischen und zugewanderten Bevölkerungssegmente in den deutschen kapitalistischen Arbeitsmarkt. Solange die Menschen unwidersprochen und ohne eigene Forderungen zu stellen Mehrwert erwirtschaften halfen (erst „Fremdarbeiter“, dann „Gastarbeiter“, dann „Zuwanderer“), waren und sind sie wertvoll, sind sie geduldet und können mit Bleiberecht rechnen. Ist ihre Arbeitskraft nicht länger gefragt, gilt für sie wie in US-Betrieben üblich das „Hire-and-fire-Prinzip“: „Dein Wert wird nicht mehr gebraucht, also ab in die Exklusion, d.h. raus aus Deutschland.“

Wie bereits mehrfach erwähnt, kommt eine humanistische Gesellschaft dann dem Ideal menschlichen, friedvollen Zusammenlebens näher, wenn der Mensch in seiner Verschiedenheit als Gleicher respektiert und integriert wird, d. h. gleiche Rechte aber auch gleiche Pflichten besitzt. Dabei richten sich Rechte und Pflichten nach den gesellschaftlich ausgehandelten Normen und Werten, die als historisches Erbe übernommen werden und mit neuen Elementen aufgrund freier Übereinkunft angereichert werden können. Universale Menschenrechte als wichtigstes historisches Erbe der Menschheit bleiben im Integrationsprozess unantastbar und müssen dazu führen, Diskriminierungen aller Art zu beenden und soziale Gerechtigkeit herbeizuführen. Der einheimischen Bevölkerung, dem Bürger, wohlgemerkt nicht der jeweiligen Regierung, steht das Privileg zu, frei zu entscheiden, inwieweit zusätzliche Aufnahme von Zuwanderern und Flüchtlingen in die Gesamtgesellschaft toleriert und geleistet werden kann. Ist die einheimische Bevölkerung mehrheitlich dem Ideal einer humanistischen Gesellschaft verschrieben, wird sie sich der Aufnahme von Zuflucht-Suchenden aus Elend und Not im Rahmen ihrer Möglichkeiten nicht verschließen. „Integrierende Gesellschaft“ bedeutet weder „reine-Gesellschaft“ noch diskriminierende „Parallel-Gesellschaft“ noch gleichmacherische „Melting-Pot-Gesellschaft“, sondern sie bedeutet einen unter freier Bürgervereinbarung getroffenen Einschluss von Teilgemeinschaften in die Gesamtgesellschaft, die sich zu einem Grundstock von Werten bekennt. Das sind in Deutschland und Europa die Universalen Menschenrechte.                                    

Welche praktischen politischen Maßnahmen sollten aus diesen theoretischen Überlegungen abgeleitet werden? 

(iii) Politische Maßnahmen zur Stärkung von Weltoffenheit und Weltbürgertum

Die erste Bedingung, die unabhängige BT-Abgeordnete in ihrer Einmischung in die Politik erfüllen müssten, ist, im Gegensatz zur herrschenden politischen und wirtschaftlichen Klasse, mit gutem Beispiel voranzugehen, um eine freiheitliche, pazifistische, humanistische, nachhaltige und weltoffene Politik glaubwürdig zu vertreten unter dem Motto: Das Mögliche möglich machen und das Weiterso beenden. Ihre Wählerschaft hat die Verantwortung, die von ihr gewählten Abgeordneten nicht nur mit Vorschlägen zu versorgen, sondern sie auch in ihrem politischen Handeln an ihren Prinzipien zu messen und sie zu kontrollieren. Was die Weltoffenheit anbelangt, ist es Allgemeingut, dass eine solche, ebenso wie Fremdenfeindlichkeit, nicht angeboren sondern eine Sache der Erziehung und der Sozialisation ist. Ist das politische Ziel einer Gesamtgesellschaft das Erreichen von Humanismus, friedvollem Zusammenleben und Weltoffenheit, dann steht der Verfolgung und dem Erreichen dieses Zieles nichts im Wege, es sei denn, dass die politischen und wirtschaftlichen Seilschaften (in Deutschland die BT-Parteien und die hinter ihnen stehenden wirtschaftlichen Eliten) dieses Ziel wegen Verfolgung eigener politischer und wirtschaftlicher Macht einfach nicht erreichen wollen. Und das Volk, d.h. die Mehrheits-Gemeinschaft und die verschiedenen Parallel-Gemeinschaften sind entweder zu indifferent und/oder unter sich zu zerstritten, um dem politischen Machtmonopol der BT-Parteien und ihrer auf Eigennutz bedachten Politik ein Ende zu bereiten. Dieser Zustand kann und muss beendet werden.        

Unabhängige BT-Abgeordnete sollten im nächsten Bundestag die folgenden politischen Maßnahmen zur Förderung von Weltoffenheit und Weltbürgertum vorschlagen (einige Maßnahmen wurden bereits erwähnt):

a) Angst vor dem Fremden wie auch Angst vor dem Einheimischen dadurch nehmen, dass beide Teilgruppen einen gemeinsamen Grundstock von Werten des Zusammenlebens respektieren und bei Zuwiderhandlung gegen diese Werte (ethische Verhaltens-Prinzipien, universale Menschenrechte) mit Sanktionen rechnen müssen. Wie bereits erwähnt, ist dazu ein obligatorischer Ethik-Unterricht für Jugendliche einzuführen sowie Erwachsenbildung über NROs zu fördern, die sich dem Thema des friedvollen, interkulturellen Zusammenlebens annehmen. Kein/e Einheimische/r und kein/e Zugewanderte/r sollte sich herausreden können, er/sie wüsste nicht, was der gesamtgesellschaftliche Werte-Konsens ist.

b) Apropos Werte-Konsens: Unabhängige BT-Abgeordnete sollten sofort nach Zusammentreten des neuen Bundestages darauf dringen, dass ein von der Zivilgesellschaft gebildeter überparteilicher, unabhängiger „Deutscher Werte-Rat“ (nicht mit dem vom BT und Bundesrat eingesetzten Deutschen Ethikrat zu verwechseln, der insbesondere Möglichkeiten und Grenzen der Forschung zu beurteilen hat) zusammentritt und spätesten am Ende der kommenden Legislaturperiode einen Werte-Konsens-Vorschlag vorlegt, der durch Volksabstimmung rechtskräftig werden sollte. Dieser Vorschlag sollte nicht nur die Werte-Inhalte definieren sondern auch ihre Implementierung vorschlagen.     

c) Kinder und Jugendliche der verschiedenen Parallelgemeinschaften sollten grundsätzlich in interkulturellem Kontext gemeinsam lernen und studieren. Darüber hinaus können selbstverständlich Gemeinschaften fakultativ Ausbildung anbieten, die das kulturelle Erbe der spezifischen Gemeinschaften fortführt. Einzige Einschränkung ist dabei das Konterkarieren des gemeinsamen Wertekonsenses der Gesamtgesellschaft. Für jugendliche Flüchtlinge und Jugendliche aus sozial benachteiligen Familien ist möglichst eine gemeinsame Ausbildung und ein gemeinsames Leben in interkulturellen Einrichtungen einzurichten (wie bspw. in Studentenwohnheimen), um gegenseitiger Diskriminierung vorzubeugen. 

d) Was die Einwanderungspolitik anbelangt, sollte Deutschland als weltoffenes Land Zuwanderer aus aller Herren Länder willkommen heißen und Aufenthaltsrecht erteilen, wenn sie dafür die materiellen Voraussetzungen mitbringen, d. h. entweder ein Studienstipendium besitzen, eine Arbeitsstelle vorweisen können oder ein ausreichendes Eigenkapital mitbringen. Auch hier gilt wieder als einzige Einschränkung die Anerkennung des deutschen Wertekonsenses. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit sollte bereits nach fünf Jahren möglich sein. Die Möglichkeit einer doppelten Staatsangehörigkeit für Zuwanderer sollte ebenfalls nach fünf Jahren gegeben sein.  

e) Die Flüchtlings- und Asylpolitik in Deutschland und Europa hat im Jahr 2015 an Dramatik gefährlich zugenommen. Der einsame und autoritäre Merkel-Beschluss „Wirschaffendas“ traf Deutschland und Europa unvorbereitet  und beschwor eine gefährliche Abkehr von humanistischen Werten in Deutschland und einen politischen Zerfall Europas herauf, der sich bereits seit dem Merkelschen Spardiktat 2010 angebahnt hatte. Was war geschehen? Die Flüchtlingskrise zeichnete sich schon lange vor dem verhängnisvollen Merkel-Diktat an, mit dem die Kanzlerin ohne die deutsche Öffentlichkeit und die übrigen europäischen Regierungen zu konsultieren vermeinte, dem Gebot der Nächstenliebe gegenüber Menschen in Not Genüge leisten zu müssen. Generell sind in der Flüchtlings- und Asylpolitik zwei Menschenrechte miteinander verknüpft: Einmal das ethische Gebot zur Hilfe von Menschen, die sich in äußersten Notlagen befinden, seien sie menschenverursacht (durch Krieg oder materielle Not) oder naturverursacht (durch natürliche Katastrophen); andererseits gilt das Gebot, dass die helfende Gesellschaft dieses ethische Verhalten nicht von Regierungsseite bzw. der Kanzlerin aufgezwungen bekommt, sondern dass sie diesem Gebot in freiem Entschluss nachkommen sollte. Die Regierung, die Kanzlerin kann staatlichen Behörden, der Polizei oder auch der Bundeswehr befehlen, Hilfe zu leisten. Sie kann das gegenüber der deutschen Zivilbevölkerung nur in Ausnahmefällen (Notstand) tun, wenn bspw. eine plötzliche Naturkatastrophe oder ein Krieg ausbricht. Im Falle der befohlenen Grenzöffnung konnte es nur einen nachträglichen Appell geben: „Leute, bitte helft mir, meine diktatorische Entscheidung umzusetzen. Ohne Euch bin ich aufgeschmissen und müsste zurücktreten.“

Es gab in der deutschen Zivilgesellschaft (im Gegensatz zur Politik) und auch in anderen europäischen Zivilgesellschaften seit 2014 eine große Bereitschaft, den in Lampedusa und Süditalien ankommenden Flüchtlingen zu helfen. Die deutsche Regierung wie auch die europäische Kommission und das europäische Parlament hätten statt der damaligen  unmenschlichen Abschottungspolitik des Kontinents mit polizeilichen und militärischen Mitteln einen Konsens mit den Zivilgesellschaften suchen müssen, um der Flüchtlingsproblematik in menschenwürdiger Weise zu begegnen. Die Bevölkerungen deutscher und europäischer Städte und Landkreise hätten gefragt werden müssen, ob und in welcher Größenordnung Hilfsbereitschaft vorhanden sei. Entsprechend hätten diese Bevölkerungen in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden dem ethischen Gebot der Hilfe nachkommen und sagen können: „Wir machen das so und so, wir verantworten das und wir schaffen das auch“. Der plötzlicher Kanzler-Beschluss in Wir-Form war diktatorisch und stiftete Chaos und Xenophobie. Letztere ist zwar latent in gewisser Weise vorhanden, sie wurde aber durch den Merkel-Beschluss ins Unerträgliche gesteigert.

Wie hat sich die Flüchtlings- und Asylpolitik, von der Regierung jetzt auch Integrationspolitik genannt, bis heute entwickelt? Inzwischen ist das enorme Sozial- und Human-Kapital (die Fähigkeit der Zivilgesellschaft mit einem besonders schwierigen sozialen Problem fertigzuwerden) in der deutschen Gesellschaft verspielt worden, und das auf typisch deutsche undemokratische, paternalistische und behördliche Weise. Bis zum Frühjahr waren die staatlichen Behörden weitgehend unfähig, mit der Flüchtlingsproblematik umzugehen und waren auf das ehrenamtliche Engagement der Zivilgesellschaft angewiesen. Doch dann musste der Zivilgesellschaft die Protagonisten-Rolle aus der Hand geschlagen werden. Die Nationalisten kamen zunehmend frecher daher, sprachen von Überfremdung und trieben Regierung und Kanzlerin in ihrer Abschottungs- und Abschiebepolitik vor sich her. Die weltoffene „Welcome-Gesellschaft“ mutierte zur „Abschottungs-Gesellschaft“ mit einer aus früheren Jahrzehnten bekannten „Integrations-Politik“, die notleidende Menschen zu reinen Arbeitskräften degradiert. Integration hört sich schön an, wer die Wirklichkeit der Flüchtlinge und Asylanten kennt, weiß, dass sie mit ihrem Schicksal allein gelassen werden, selbst wenn sie Brot bekommen und ein Dach über dem Kopf haben. Welcher Flüchtling, welche/r Asylant/in kann sich glücklich schätzen, einen deutschen Freund oder eine deutsche Freundin oder eine deutsche Gastfamilie zu haben? Gottseidank haben sie ihre Handys. Einige von ihnen werden aus Verzweiflung in den Terror getrieben werden und sich an der Gastgesellschaft rächen wollen. Und die Große Koalition? Gottseidank hat sie im Verein mit der EU-Kommission, mithilfe von Erdogan und mit Nato einen schwimmenden Kordon im Mittelmeer errichten können. Stolz kann man den Nationalisten im eigenen Land und in Europa verkünden, das Abendland ginge nicht unter. Die Flucht nach Europa sei weitgehend gestoppt.

Was können, was müssen unabhängige, weltoffene BT-Abgeordnete im neuen Bundestag tun, um die Flüchtlings- und Integrations-Politik wieder menschenwürdig zu gestalten und um diese Politik nicht länger den Nationalisten quer durch die Parteien zu überlassen?

- Die Zivilbevölkerung in Landkreisen und Städten sollten nach Beratung und demokratischer Entscheidung selbst bestimmen, ob und in welcher Größenordnung Flüchtlinge aufgenommen werden können. Dabei wird es keine Unterschiede zwischen Kriegs- und sogenannten Wirtschaftsflüchtlingen geben dürfen. Letztere flüchten ebenfalls aus unhaltbaren materiellen Verhältnissen und nicht, um ein Leben als Sozialschmarotzer zu fristen. Das UN-Flüchtlingswerk wird dabei helfen müssen, die Bedürftigsten aus den Lagern auszusuchen. Mit den Behörden vor Ort, den Kirchen, den Gewerkschaften und vor allem den lokalen gemeinnützigen NROs und interkulturellen Vereinigungen ist die Aufnahme und Integration in die örtliche Zivilgesellschaft zu planen und zu organisieren. Ganz wichtig ist, den örtlichen Parteienfilz dabei außen vor zu lassen. Denn Integration ist inzwischen in Deutschland zu einem lukrativen Geschäft ausgeartet, an dem teilzunehmen auch lokale Parteigrössen nicht abgeneigt sind.                  

- Die beispielhafte Organisation von Flüchtlingsaufnahme in Deutschland durch demokratische Entscheidungen der Bevölkerungen in Landkreisen und Städten kann auf andere europäische Länder ausgedehnt werden. Die Hauptaufgabe der Länderregierungen wäre die Beschaffung und Verteilung der zur Flüchtlings-Aufnahme  und –Integration notwendigen finanziellen Mittel.  

- Die hastig vorangetriebene Asyl- und Integrationsgesetzgebung ist zu überarbeiten, um vom Abschottungs- und Abschiebeprinzip wieder zu einer Politik zu kommen, die den Menschenrechten und der Genfer Flüchtlingskonvention Rechnung trägt.

- Flüchtlings- und Integrationspolitik kann letztlich nur erfolgreich sein, wenn sie von den sozial Benachteiligten der einheimischen Bevölkerung akzeptiert und mitgetragen wird und nicht deren xenophobe Tendenzen verstärkt sondern diese abbaut. Das geschieht am ehesten über die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE), die Beteiligung an Initiativen im Bereich der Solidar-Wirtschaft und die aktive Einbindung dieser Bevölkerungsschichten in die lokale Flüchtlings- und Integrationspolitik.  

f) Vorbeugende Flüchtlingspolitik im außereuropäischen Ausland

Die wohl größte Herausforderung im Bereich weltoffener und humanistischer  Flüchtlingspolitik ist die Politik der Prävention, ist die Beseitigung der Ursachen von Flucht. Da wird sich langfristig erweisen, ob die Menschheit innerlich zerreißt oder ob sie eine Chance zur friedlichen Zukunft haben wird. Eine Analogie zum Ausstieg aus der Atomkraft liegt auf der Hand. Erst Tschernobyl und Fukushima haben die Augen geöffnet, dass die Menschen auf einer Zeitbombe sitzen, von der man nicht weiß, ob sie jemals entschärft werden kann und mit welchen Kosten. Die Neokolonisierung der peripheren Länder nach Weltkrieg II ist damit vergleichbar. Wie die Atomkraft scheinbar unbeschränkte billige Energiereserven offerierte, so schien die unbegrenzte Ausbeutung der mineralischen und pflanzlichen Ressourcen dieser Welt eine Akkumulationsquelle von Reichtum unerschöpflichen Ausmaßes und füllte Kapital und Politikern weltweit die Taschen. Selbst die deutsche „Soziale Marktwirtschaft“ labte sich reichlich an dieser Quelle. Jetzt erweist sich dieser Neokolonialismus und die durch ihn ausgelöste weltweite Flucht immer mehr als eine monströse menschliche Bombe, die ähnlich wie die Atomkraft unbeherrschbar scheint. Wissenschaftler und Praktiker haben seit Jahrzehnten vor dieser Ausbeutung und ihren Folgen für Mensch und Natur gewarnt, doch der Eigennutz von Kapital und Politik machte blind und verhinderte eine langfristige Sicht. So kommt erst jetzt die Bundesregierung auf den Trichter, dass ihre glitzernde Industrie und Exportweltmeisterei etwas mit chaotisch anschwellender weltweiter Flucht und Elend von Millionen von Menschen auf dem Erdball zu tun haben könnte.

Unabhängige BT-Abgeordnete werden verpflichtet sein, den Bundestag und die Regierung zu ungeheuren finanziellen Anstrengungen zur Bekämpfung weltweiter Fluchtursachen aufzufordern. Wenn das nicht geschieht und sich auch die übrigen europäischen Länder einer Ursachenbekämpfung von Flucht verweigern, dann werden die Kriege an den Außengrenzen Europas unweigerlich zunehmen sowie Krieg in Form von vermehrtem Terror in die europäischen Metropolen getragen werden. Die wichtigsten Präventivmaßnahmen müssen sein:

- In politisch und sicherheitspolitisch stabilen Ländern muss die Rohstoffausbeutung ersetzt werden durch die technische und finanzielle Hilfe für den Aufbau von Wissens- und Ausbildungszentren, die in den betreffenden Ländern nach einer zehnjährigen Aufbauphase die endogene Entwicklung möglich machen, wie es in China, Indien und den asiatischen Tiger-Ländern gelang.

- Die bereits bestehenden weltweiten Flüchtlingslager sind im Zusammenwirken mit den UN so zu stabilisieren, dass in ihnen neben der Ernährungs- und Gesundheitsversorgung die Erziehung und berufliche Ausbildung bis zum Universitätsstudium möglich ist. Durch Abkommen mit dem Gastland sollte ebenfalls verarbeitende Produktion, die auf Rohstoffen des Gastlandes basiert, eingerichtet werden. So werden im Friedensfall und bei Auflösung der Lager die Flüchtlinge auf die Rückkehr und den Wiederaufbau ihres Landes vorbereitet.                   

- Menschen, die sich weltweit auf der Flucht vor Krieg oder wirtschaftlicher Not befinden und keinen Zugang zu den bereits bestehenden Lagern haben, sollten am besten in Nachbarländern in neu einzurichtende Lager flüchten können, die ausreichende Lebensbedingungen garantieren, inklusive beruflicher Ausbildung und produktiver Aktivitäten. Auch diese Maßnahmen sollten zwischen der UN und den Gastländern ausgehandelt werden.

Abschließend ist zu sagen, dass der neue Bundestag, die neue Bundesregierung und die deutsche Zivilgesellschaf wissen sollten:  

Das Eintreten für Weltoffenheit und Weltbürgertum ist friedensfördernd.

Das Eintreten für Nationalismus und Xenophobie ist friedensverhindernd.